Katalog

13 1726 –1728 eingebaut wurden, die ehemals barocken Innenausstattungen der Pfarrkirchen St. Petri und St. Nikolai und der Bau von Silbermann-Orgeln für die städtischen Kirchen, daß das alte kursächsische Technologiezentrum am wirtschaftlichen Auf- schwung in der Zeit der sächsisch-polnischen Union seinen spezifischen Anteil hatte. Gerade diese Besonderheit Freibergs muß Silber- mann wichtig gewesen sein für die Gründung seiner Werkstatt; denn sämtliche Materialien, die man sich für die Herstellung von Orgeln erdenken konnte, waren in dieser Stadt erhältlich. Jenes sogenannte englische Zinn, das Silbermann für die meisten Pfei- fen verwendete, zeichnete sich durch hohe Reinheit aus. Solche Metalle konnte man in Freiberg in geläu- tertem Zustand erwerben, Wismut und Antimon für Zusätze ebenfalls. Alle Mischungen von Metallen, sei es zur Verbesserung des Klanges, der Stabilität, des Schmelz- oder Lötflusses, waren problemlos herstell- bar. Feinste Bearbeitung von Blei-, Messing- oder Eisenteilen war möglich. Auch Holz war verfügbar in einer Qualitätsauswahl wie andernorts kaum. Man muß bedenken, daß zur Energieversorgung der Hüt- ten enorme Mengen von Stämmen benötigt wurden, die zum Teil aus den Kammlagen des Gebirges über die Freiberger Mulde herangeflößt wurden. Noch heute sieht man zwischen dem tschechischen Molda- va im Quellgebiet der Mulde und Holzhau die alten Stauanlagen am Grenzbach, und man weiß, daß die Gaststätte »Teichhaus« ihren Namen von einem Stau- becken erhielt, das schon im 16. Jahrhundert zur Holzversorgung der Freiberger Hütten angelegt wor- den war. Wurden die Anlagen geöffnet, konnten die Flöße bis zu den Stapelplätzen unterhalb Freibergs hinabschwimmen. In den oberen Gebirgslagen gab es damals noch reiche Bestände von Weißtannen, Bäume, die in jahr- hundertelangem Wachstum ein besonders dichtes Holz erbringen, das von Instrumentenbauern für Resonanzböden bevorzugt genutzt wurde. Freiberg war also auch deshalb ein guter Ort für eine Orgel- bauwerkstatt. Günstig für Silbermanns Werk war schließlich die gesamte tradierte Arbeitsteilung im frühindustriellen Freiberg. Schon seit dem 15. Jahrhundert arbeiteten in der Montanwirtschaft etwa vierzig unterschied- liche Gewerke, und die dort entwickelten Werktra- ditionen wirkten selbstverständlich bis in die Kunst- produktionen hinein. So wurden – beispielsweise – für die Herstellung von Altären um 1500 nicht nur Bildschnitzer und Maler benötigt, sondern auch Tischler, Vergolder und Schlosser. Der beauftragte Meister vergab Teilaufträge an die anderen Gewerke, so wie etwa im 18. Jahrhundert der Baumeister Geor- ge Bähr den Auftrag für die Plastik des Altars und des Orgelprospekts der Dresdner Frauenkirche, die er Glockenspiel. Gehäuse von Johann Joachim Kaendler, 1736–1737.

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