Katalog

14 entworfen hatte, an den Bildhauer Johann Christian Feige vergab. Bedenkt man, wie viele spezielle Teile zum Gesamtwerk einer Orgel gehören, so muß man sich auch die Silbermann-Werkstatt als Zentrum eines kontinuierlich arbeitenden Verbundes von Frei- berger Gewerken vorstellen. So war etwa schon die Fertigung durchbrochen gearbeiteter Akanthusfül- lungen an den Gehäusen nicht von Silbermanns Tischlern zu leisten, sondern von Bildhauern, und auch deren Vergoldung war nach damaligen Zunft- regeln streng an die Tätigkeit einer Vergolder-Werk- statt gebunden. Die Städte sorgten auf diese Weise für die möglichst breite Auffächerung der Arbeits- einkommen unter den Gewerken zur Verminderung von hilfsbedürftigen Armen unter ihren Bürgern. Dieses spätmittelalterliche Regelwerk wurde aber durch den neuen Produktionstyp der Manufaktur durchbrochen, der mehrere Gewerke in einem Be- trieb zusammenbrachte, um den Warenausstoß zu vergrößern. Silbermanns Schaffenszeit war deshalb auch die eines gewaltigen Modernisierungsschubs, ein großes Manufakturzeitalter, das logisch zusam- menhing mit dem Versuch, vom Kurfürstentum Sachsen aus eine neue europäische Großmacht zu etablieren. 1710 wurde in Meißen die erste große sächsische Staatsmanufaktur für Porzellan gegründet. Allein die Tatsache, daß der Hof- und Landorgelbau- meister Silbermann in den dreißiger Jahren zwei Tischlergesellen in seiner Werkstatt beschäftigte, weist auf eine Erweiterung seines Betriebes in diese Richtung. Seine enorme Produktionsstärke ist anders kaum zu erklären. Der Zwinger war im Bau, als Silbermann den Ver- trag für die Orgel der Sophienkirche schloß, seine erste in Dresden, fertiggestellt 1720. Über die Straße blickend, konnte er dort sehen, daß neben den zahl- reichen Steinmetzen, die rein handwerkliche Arbeit leisteten, eine große Gruppe von Steinbildhauern tätig war, die Vasen und vielerlei Verzierungen aus dem Stein schlugen. Sie waren gleichsam die Basis der Bildhauerschaft. Den Mittelbau bildeten Meister wie Heermann, Thomae, Kirchner und Kretzschmar, bedeutende Künstler, die ihre Anweisungen – Thema, Größe, Standort der Skulpturen, vielleicht auch Vor- zeichnungen oder Modelle – von Balthasar Permoser erhielten, dem ersten der königlichen Hofbildhauer, der neben dem Oberlandbaumeister Pöppelmann stand. Dresden, Zwingerhof. Radierung von Bernardo Bellotto, 1758. Links im Hintergrund ein Giebel des Schlosses, davor die katholische Interimskapelle am Taschenberg (Silbermanns Sterbehaus), in Bildmitte das Dach der Sophienkirche.

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