Katalog
Quintaden 16' im Oberwerk, Sufflöt 1' im Brustwerk und Untersatz 32' + 16' im Pedal. Am 25. Oktober 1719 erbat Elias Lindner Änderungen an zwei Zungen- registern: Die Posaune 16' sollte neue Kehlen nach einer von Silbermann neu erfundenen Art erhalten und die Keh- len der Pedaltrompete 8' sollten gefüt- tert, d.h. mit einer Lederauflage verse- hen werden. Am 5. März 1738 beauftragte der Freiberger Rat Christian Polycarp Buzäus mit dem Vergolden von Orna- menten am Orgelgehäuse (ausgeführt bis Ende August) und Gottfried Sil- bermann mit einer Reparatur. Die Zahlung von 300 Talern an Silbermann deutet auf umfangreiche Arbeiten. U. a. baute er die zunächst zum Ziehen durch Seile oder Riemen eingerichte- te Balgbetätigung zu einer Steigbügel- anlage um. Offenbar nutzte er diese Gelegenheit, um die Oberwerkregister Nassat 2 2 / 3 ' und Tertia 1 3 / 5 ' gegen Qvintadehn 8' und Flageolett 1' auszu- tauschen. Die Pfeifen der Tertia wur- den umgestellt und von f 2 bis c 3 er- gänzt. Auch nach Silbermanns Tod betreu- ten seine früheren Mitarbeiter Johann Georg Schön und Adam Gottfried Oeh- me gewissenhaft die Domorgel. 6 Eben- so pietätvoll beschränkten sich Orgel- bauer bis zum Beginn des 20. Jahrhun- derts auf notwendige Pflegearbeiten. Johannes Jahn, Dresden, baute um 1920 zusammen mit einem Elektroven- tilator einen großen Schwimmerbalg ein, hob die Windtrennung von Manualen und Pedal auf, veränderte die Kanäle dementsprechend und führte eine Nachintonation durch. Spätestens bei dieser Gelegenheit wurde auch die Stimmungsart ge- mildert. 1933 übernahm die Firma Gebrüder Jehmlich, Dresden, die Orgelpflege und alle folgenden Ar- beiten. 1933 wurden die Pfeifen des Registers Qvintadehn 8' wegen an- geblichen Zinnpestbefalls neu herge- stellt. Gleichzeitig erhielt die Orgel eine neue ungleichstufige Temperatur nach Angaben des Domkantors Arthur Eger, jedoch nicht nach Vorbild der Silbermann-Stimmung. In Zusammen- arbeit mit der Firma Giesecke, Göttin- gen, überarbeiteten die Gebr. Jehmlich 1939 die Zungenregister. 7 1953 wurde ein Doppelfaltenmagazin für den Manualwind eingefügt, die Windtren- nung rekonstruiert, aber irrtümlich ein zu niedriger Winddruck hergestellt. 1962 kam zur Windanlage ein kleiner Schwimmerbalg für das Oberwerk. Die Temperatur wurde 1953 gemildert mit- teltönig eingerichtet, 1962 und 1978 nochmals verändert. 1981 bis 1983 nahm der Jehmlich Orgelbau Dresden eine grundlegen- de Restaurierung unter maßgeblicher Mitarbeit des Orgelrestaurators Kri- stian Wegscheider vor. Zu umfangrei- chen Instandsetzungen kamen u. a. fol- gende Rekonstruktionsmaßnahmen: Ein Manual- und ein Pedalbalg wurden repariert und als Magazine an die Windanlage angeschlossen. Der Wind- druck wurde den ursprünglichen Maßen angenähert. Veränderungen an Krummhorn und Vox humana und erhebliche Intonationsmängel aller Zungenregister wurden beseitigt. Bei den Labialen beschränkte man sich auf schonendes und ausgleichendes Nach- intonieren. Die am Pfeifenwerk er- kennbare ursprüngliche Stimmungsart erschien für die gewünschte Reper- toirebreite der Konzertprogramme ebenso ungeeignet wie eine 1983 vom Restaurator benutzte Variante. An ihre Stelle trat 1985 eine vom Sachberater Christoph Schwarzenberg festgelegte stark gemilderte Temperatur. Durch reversible Maßnahmen (Einsatz von etwa 450 federnden Stahl-Stimmrin- gen) ist die Variante von 1983 leicht wiederherzustellen. Im Zusammenhang mit den Orgel- bau-Arbeiten von 1981 bis 1983 er- folgten auch Reparaturen am Orgel- gehäuse und eine stilgetreue Restau- rierung seiner Fassung unter Leitung von Helmut Georgi, Lößnitz. ANMERKUNGEN 1 Das Register besteht aus Holzgedackt 32' und Holzprincipal 16'. 2 Die Gutachter prüften die Stimmtonhöhe durch gemeinsames Musizieren mit einigen Stadtpfeifern. Offenbar lag der damals ortsübliche Stimmton etwa um einen Achtelton höher als der später von Silber- mann angewandte Chorton. 3 Gress 1989, S. 119ff., siehe auch die unten genannten ergänzenden Quellen. 4 Mattheson 1725, S. 235. 5 Grübler 1730, S. 168. 6 Siehe u.a. den Brief Oehmes vom 23. Juni 1774 an den Freiberger Rat, Stadtarchiv Freiberg, II I 17, Bl. 1ff. 7 Krummhorn und Vox humana bekamen neue Kehlen, Zungen, Stimmkrücken und Becherdeckel, die Hauptwerk-Trompeten zahlreiche neue Zungenblätter. ERGÄNZENDE SCHRIFTEN Schwarzenberg und Wegscheider o. J. Jehmlich Orgelbau Dresden, Betriebsakten Freiberg, große Domorgel: Wegscheider , Kristian, Über die Neutemperierung der großen Silbermann-Orgel im Dom zu Freiberg, Typokript, 1981. Jehmlich Orgelbau Dresden, Betriebsakten Freiberg, große Domorgel: Stellungnahme zum gegenwärtigen Stand der Diskussion über die Temperierung der Freiberger Domorgel, Typokript, 1982. Jehmlich Orgelbau Dresden, Betriebsakten Freiberg, große Domorgel: Dokumentation über die Restaurierung der großen Silber- mann-Orgel im Dom zu Freiberg 1981 bis 1983 sowie über die Umstimmung der Orgel 1985 …, Typokript, 1985. 38 Freiberg, Dom
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