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aber auch Enthusiasten wie der deutschlandweit berühmte, ano- nyme »Millionen-Spender« oder der anerkannte Denkmalschützer Gottfried Kiesow haben Görlitz in den vergangenen Jahren als lohnenswertes Reiseziel bekannt gemacht und vor allem das durch die lange Randlage geprüfte Selbstbewusst- sein der Görlitzer gestärkt. All das spiegelt sich bis heute auch im Görlitzer Stadtbild wider. Ein erneu- ter und frischer Blick darauf lohnt sich also immer wieder! Knapp und prägnant ist der vorliegende, vom ausgewiesenen Dresdner Kunsthistoriker Jürgen Paul verfasste Stadtführer. In mehreren klar geglie- derten und reich bebilderten Rundgängen widmet sich Paul in ebenso klarer Sprache der städtischen Architektur- und Kunstgeschichte. Er beschränkt sich dabei anders als die meisten vorangegange- nen Stadtführer nicht nur auf die inzwischen als sehenswert bekannte Altstadt. Neu ist der Blick auf die um dieWende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstandene, kaumweniger sehenswerte Südstadt, aber auch auf Zgorzelec und die Umgebung. Fast endlos erscheint die bereits 1850 beginnende Reihe der zur Stadt Görlitz erschienenen Tou- ristik-, Kunst- und Architekturfüh- rer. Brauchen wir also wirklich noch einen weiteren Stadtführer? Ich meine mit großer Entschiedenheit ja! In wohl kaum einer anderen Stadt findet eine vergleichbar dyna- mische Entwicklung statt wie in Görlitz – und dies gilt bei Weitem nicht nur für die sukzessive Restau- rierung des einzigartig geschlossenen Stadtbildes. Die Öffnung der ehemaligen, lange scharf bewach- ten »Friedensgrenze« entlang von Neiße und Oder sowie derWegfall der Passkontrollen durch den Bei- tritt Polens zum Schengener Abkommen zwingen ständig zu einer erneuten Standortbestimmung der Stadt und ihrer Bürger. Die wechselhafte Geschich- te von der selbstbewussten Kaufmannsstadt des Sechstädtebundes und der pittoresken Metropole im Schnittpunkt zwischen Prag, Breslau, Dresden und Berlin zur geteilten Grenzstadt und wieder zurück verhinderte stets dauerhafte Stagnation und Le- thargie. Der »zweite Siegerplatz« bei der Bewerbung um den Titel »Europäische Kulturhauptstadt 2010«, Ein frischer Blick 9

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