Katalog
Die mittelalterlichen Wohnhäuser waren Fach- werkhäuser. Im Laufe der Zeit wurden sie größer und solider: Viele bekamen steinerne Kemenaten – heizbare Räume neben dem Haus – und steiner- ne Erdgeschosse. Neben den Fachwerkhäusern gab es die steinernen Freihöfe und Wohntürme (»Bergfriede«), die aber bis auf umgebaute Reste völlig aus dem Stadtbild verschwunden sind. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich derTypus des Görlitzer Hallenhauses als Wohn- und Geschäfts- haus der Großkaufleute. Bauherren waren die rei- chenTuchhändler, von denen die meisten auch das wirtschaftlich wichtige, weil sehr lukrative Brau- recht besaßen. Sie bildeten das Patriziat – die füh- renden Familien, aus denen sich die Ratsmitglieder und die Bürgermeister rekrutierten. Letztlich geht der Typus des Hallenhauses auf eine einfache bauliche Struktur zurück: auf das Ensemble von Vorderhaus und Hinterhaus mit ei- nem dazwischenliegenden Hof, das auf einem re- lativ schmalen, aber tiefen Grundstück steht. Dies verschmolz zu einer Einheit. Etwa 30 Hallenhäuser haben sich bis heute in Gör- litz erhalten, die allerdings keine einheitliche Bau- form aufweisen. Gemeinsam ist allen die auf hal- ber Höhe und durch mehrere Geschosse reichende, Vorder- und Hinterhaus verbindendeTreppenlicht- halle. Die räumliche Struktur sieht zumeist so aus: An der Straßenseite führt der seitlich gelegene Eingang in eine große, gewölbte vordere Erdge- schosshalle, in der der Verkauf von Handelswaren und der Bierausschank stattfand. In der Achse des Eingangs führt ein oft abschüssiger Gang weiter unter dem Rückgebäude in den Hof, wo sich Wirt- schaftsgebäude und Stallungen befanden. Ein- gang und Durchgang sind oft für größere Wagen nicht breit genug. Die Anlieferung geschah dann von der rückseitigen Gasse her. In der diagonal gelegenen, hinteren Ecke der Eingangshalle steigt eineTreppe auf zu der großen, gewölbtenTreppen- lichthalle, durch die meist alle wichtigen Räume des Hauses erschlossen werden. Sie öffnet sich – um ein Geschoss erhoben – zwischen den obe- ren Stockwerken des Vorder- und Rückgebäudes. Görlitzer Hallenhaus D i e m i t t e l a l t e r l i c h e H a u s a r c h i t e k t u r Peterstraße 4 · Innenhof mit Loggien
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