101 Putzschnitt Der in der Regel aus zwei verschiedenfarbigen Putzschichten bestehende Putzschnitt kommt in Mitteldeutschland gegen Ende des 19.Jahrhunderts auf, findet sich im Späthistorismus und Jugendstil, wird besonders in der kurzen Zeitspanne des Neuklassizismus vor dem Ersten Weltkrieg ausgeführt und bis in die 50er Jahre des 20.Jahrhunderts gepflegt. Eine solch anspruchsvolle Putztechnik sollte nur auf einem ebenen, riss- und salzfreien Wanduntergund eingesetzt werden. Zunächst wird ein nach dem WTA-Merkblatt hergestellter Mehrkornputz der Mörtelgruppe CS II (Druckfestigkeit nach 28 Tagen 1,5 – 5,0 N/mm2) als Unterputz aufgetragen, dessen Oberfläche rau stehen muss. Nach dessen Abbinden, aber bei noch vorhandener Restfeuchte wird der mindestens 5 mm starke, farbige Putz angeworfen, der mehrkörnig bis zu 1 mm Korngröße sein sollte. Bei mehrfarbigen Putzschnitten empfiehlt es sich, die untere farbige Schicht jeweils etwas stärker als die folgende anzutragen. Auf den angezogenen, aber noch feuchten farbigen Putz wird der in der Regel mörtelsichtige Oberputz in einer Stärke von ca. 5 mm aufgetragen, abgerichtet und verrieben. Sobald dieser etwas abgeBildkünstlerisch eingesetzte Putztechniken trocknet, aber noch feucht ist, wird die Lochpause aufgelegt, auf die das Motiv vom Entwurf auf Karton mittels Durchrädeln übertragen wurde. Durch die Löcher der Pause werden die grafischen Konturen des Motivs mit einem dunklen (z.B. zerriebene Zeitungsasche) oder dem farbigen Unterputz ähnlichen Pigment mittels eines Puderbeutels »durchgepudert«. Bei mehrfacher Verwendung der Pause muss diese aus einem nicht saugfähigen Material, z.B. dünner, hinreichend steifer Kunststofffolie, bestehen. Mit einem Schneidmesser werden die Konturen bis fast auf die Höhe des farbigen Unterputzes eingeschnitten, alsdann die etwas tiefer liegenden farbigen Flächen mit dem Kratzeisen oder mit Schlingen gleichmäßig sauber freigekratzt. Abschließend wird die Kontur nochmals nachgeschnitten, die Kante von der tieferen Fläche her leicht schräg nach außen stehend. Sobald der Oberputz angezogen ist und der Mörtel fest steht, wird die gesamte Putzschnittfläche mit einem weichen Haarbesen abgekehrt, wodurch die aufgekratzten Flächen eine gewisse Schließung erfahren. Putzschnittflächen müssen besonders sorgfältig und kontinuierlich abbinden. Sie müssen vor zu schnellem Austrocknen durch Verschattungsmaßnahmen und gegebenenfalls durch wiederholtes Einsprühen geschützt werden, je nach Wetterlage 1 bis 6 Tage lang.
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1