105 Sgraffito Im Gegensatz zur Putzschnitttechnik ist die Sgraffitotechnik eine reine Kratztechnik (ital. sgraffiare = kratzen). Früheste erhaltene Beispiele finden sich in Florenz aus der 2. Hälfte des 14.Jahrhunderts. In Italien zur Blüte gebracht im 15. und 16.Jahrhundert, wird die Technik erstmals ausführlich 1568 von Giorgio Vasari in seinem Buch »Le vite de più eccellenti pittori …« beschrieben. Nach Deutschland gelangte sie Mitte des 16.Jahrhunderts. Seit Beginn des 17.Jahrhunderts nicht mehr geübt, wurde sie wiederbelebt seit Mitte des 19.Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem Aufkommen der Neorenaissance, bewusst gefördert z.B. durch Gottfried Semper. Voraussetzung für die künstlerisch höchst anspruchsvolle und damit auch kostenintensive Technik ist ein hinreichend ebener, riss- und salzfreier Wanduntergrund. Versalztes Mauerwerk wäre zunächst mit einem »Opferputz« aus Kalkmörtel zu versehen, der mindestens ein Jahr stehen sollte, um die Salzkristalle aus dem Untergrund aufnehmen zu können. Nach dessen Entfernung ist der Salzgehalt im Mauerwerk erneut zu überprüfen und ein Opferputz gegebenenfalls ein zweites Mal aufzubringen. Hat sich die Salzbelastung auf begrenzte Bereiche reduziert, empfiehlt sich hier die Anwendung von Kompressenputz oder Zellstoffkompressen, die etwa vier Wochen wirksam sein sollten. Um ganz sicherzugehen, sollte als Unterputz ein mehrkörniger Porengrundputz von ≥ 45 Vol% Porosität nach WTA-Merkblatt, aber ohne hydrophobe Zusätze, die zu Schalenbildung führen könnten, Verwendung finden, in der Regel 10 bis 15 mm stark. Zur besseren Haftung sollte vor seiner Ausführung ein 50 bis 60 Prozent flächendeckender Spritzbewurf auf das sorgfältig gesäuberte Mauerwerk aufgebracht werden. Da der Porengrundputz häufig auch dem Ausgleich von Wandunebenheiten dienen und deshalb stärker ausgeführt werden muss, ist bei mehr als 20 mm Stärke Zweilagigkeit geboten und eine Bewehrung durch Glasfasergewebe von 6 bis 8 mm zu empfehlen. Die Abbindezeit beträgt nach WTA-Merkblatt 1 Tag pro 1 mm Putzstärke. Der eigentliche Sgraffitoputz wurde in historischer Zeit auf der Baustelle von Hand als Kalkmörtel hergestellt, die Festigkeit z.B. durch Zugabe von Ziegelmehl erhöht, die dunkle Farbigkeit als kühler Ton durch Holzkohle, als warmer Ton durch Rebschwarz (verkohlte Weintreber) erzielt, gegebenenfalls durch Eisenoxidpigmente noch weiter abgestuft. Er wird heute auch industriell als Trockenmörtel hergestellt und in 25-kg-Säcken geliefert. Der Trockenmörtel enthält keine zerstoßene Holzkohle, die in unterschiedlichen Fraktionen jedoch für die Oberflächenwirkung des gekratzten dunklen Putzes durch ihr leichtes Glitzern unerlässlich ist. Deshalb müssen etwa 10 l gestoßene Holzkohle (35 % 0,2 – 1,0 mm, 35 % 1,6 – 4,0 mm, 30 % 4,5 –6,0 mm vorzugsweise Bildkünstlerisch eingesetzte Putztechniken
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