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106   J ustiz Otto Georg Thierack Hitlers willfähriger Justizminister Wolfgang Howald ImHerbst 1941 hatte sich Hitler zu einemschärferen Vorgehen gegen dieWiderstandsbewegung im Protektorat Böhmen und Mähren entschlossen und den Chef der Sicherheitspolizei und des SD Reinhard Heydrich mit der Führung der Geschäfte des Reichsprotektors beauftragt. Heyd- richs Ziel war es zunächst, die »autonome« Protektoratsregierung, an deren Spitze Alois Elias stand, auszuschalten. Nach der überraschenden Verhaftung von Elias diente dazu ein schneller Schauprozess gegen ihn und den Prager Oberbürgermeister Otakar Klapka, der wegen der pro- pagandistischen Wirkung vor dem Volksgerichtshof stattfinden sollte. Dessen Präsident Otto Thierack stimmte diesem Plan bereitwillig zu. Heydrich und Thierack beschlossen, die Anklage unter Missachtung des Anklagemonopols der Staatsanwaltschaft der Gestapo zu überlassen, die Elias binnen zwei Tagen die »Anklageschrift« zustellte – die eigentlich zuständige Reichs- anwaltschaft hätte dafür einigeWochen benötigt. Bereits nachweiteren zwei Tagen, am 1. Okto- ber 1941, fand die Verhandlung des Volksgerichtshofs unter Leitung seines Präsidenten Thierack vor etwa 200 ausgewählten Zuhörern im Sitz der Stapo-Leitstelle Prag statt. Trotz dürftiger Beweislage wurde Elias wegen »Feindbegünstigung« und »Vorbereitung zumHochverrat« zum Tode verurteilt. Ebenso erging es einen Tag später Klapka. Heydrich war mit Thierack zufrieden: »Trotz verschiedener Behinderungsversuche durch das Reichsjustizministeriumund Staatssekretär Schlegelberger gelang es, dank der vorzüglichen Unterstützung und dem politischen Verständnis des Präsidenten Dr. Thierack innerhalb von drei Tagen nach der Verhaftung zur Verhandlung mit abschließendem Urteil zu kommen.« 1 Franz Schlegelberger, der damals als Minister amtierte, sollte später im Nürnberger Juristen­ prozess Thieracks Verhalten als »unzweideutigen Beweis seiner Parteihörigkeit« werten. Jeden- falls hatte Thierack in Heydrich und Himmler nunwichtige Verbündete in seinemStreben nach dem Amt des Reichsjustizministers gewonnen.

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