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Otto Georg Th i erack 109 Der VGH war unter Thierack Vorreiter dieser Praxis. So verurteilte der Erste Senat des VGH unter seinemVorsitz 1938 drei Leipziger Jugendliche wegen »Vorbereitung zumHochverrat« zu mehrjährigen Freiheitsstrafen, weil diese die Hitlerjugend abgelehnt und zum Teil zu bekämp- fen gesucht hatten. In der Urteilsbegründung hieß es unter anderem: »Hinter dieser im Interesse der Ruhe und Erhaltung der deutschen Volksgemeinschaft und des gesicherten Bestandes des nationalsozialistischen Deutschlands notwendigen abschreckenden Wirkung der Strafe muss die Persönlichkeit des einzelnen Täters zurücktreten.« 10 In seinen Urteilen tendierte er meist zur höchstzulässigen Strafe. Noch in den letzten Mona- ten seiner Tätigkeit am VGH verurteilte Thierack mehrere tschechische Widerstandskämpfer wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung zum Tode und leitete damit über in die letzte Phase des VGH, in der unter der Präsidentschaft Roland Freislers Todesurteile am Fließband ergingen. Thierack jedoch sollte nun bald die Erfüllung seines Karrierestrebens erleben. Thierack als Reichsjustizminister Am 19. Januar 1941 war Reichsjustizminister Dr. Franz Gürtner gestorben, das Reichsjustizminis- teriumwurde danach lediglich kommissarisch durch Staatssekretär Prof. Franz Schlegelberger geführt. Hitler, der eine tiefe Abneigung gegen Juristen hegte, hatte es mit einer Neubesetzung des Ministerpostens nicht eilig. Zudem wetteiferten die Parteijuristen misstrauisch bis feind- selig und mit vorauseilendem Gehorsam um die Führungsposition und um die Gunst Hitlers. Hans Frank, »Reichsrechtsführer« und Präsident der Akademie für Deutsches Recht, geriet im Sommer 1942 inMisskredit des »Führers«. Freisler hatte nie die Achtung Hitlers erworben. Ähn- Reichsjustizminister Dr. Otto Georg Thierack bei der Feier zur Amtsübernahme am 26.August1942, v.l.: Roland Freisler, Franz Schlegelberger, Otto Georg Thierack, Curt Rothenberger
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