Katalog

150   Rassenhygi ene sein Institut zunächst zu einem Lazarett umfunktioniert und erst 1941 eingeschränkt wieder eröffnet. Da die geplante ordentliche Professur für Boehman der Universität Rostock scheiterte, nahmer schließlich zum 1. Januar 1943 eine Berufung an die Universität Gießen als ordentlicher Professor für Rassenhygiene und Direktor des Instituts für Erb- und Rassenpflege an. 1945 wurde er von der amerikanischen Militärverwaltung entlassen und führte nun eine Privatpraxis in Gießen. 1947 wurde Boehm im Zuge der Ermittlungen zum Nürnberger Ärzte- prozess vernommen. Hier gab er unter anderem zu Protokoll, dass er imNovember 1940 Beden- ken geäußert habe bezüglich der Durchführung der Euthanasie in Deutschland: »1) die unschöne Art der Benachrichtigung der Angehörigen, 2) das Fehlen eines Versuches, die Zustimmung der Angehörigen zur Durchführung der Euthanasie einzuholen, 3) die Angabe fingierter Todes­ ursachen«. 36 Er verurteilte lediglich »die Durchführung des Euthanasie-Programms, wie sie in Deutschland während des letzten Krieges geübt wurde«, nicht jedoch die Ermordung von geis- tig und körperlich Behinderten generell. 37 Nachdem er noch die vollen Pensionsansprüche für seine Tätigkeit an der Gießener Universität erstritten und genossen hatte, verstarb Boehm am 7. Juni 1962 in Gießen. Mit Jensen und Boehm wurden 1934 zwei in der NS-Bewegung seit langem aktive Ärzte an das Rudolf-Heß-Krankenhaus berufen, die es zu einem Zentrum der Neuen Deutschen Heil- kunde profilieren sollten. Jensen, der insbesondere die Gründung der NS-Schwesternschaft befördert hatte, sah nun als Leiter des gesamten Klinikums seine Karrierewünsche vermutlich als erfüllt an. Auch wenn er als Chirurg durchaus gute Arbeit leistete und sich verantwortungs- bewusst seinen Patienten und der Leitung des Klinikums widmete, hat er hier in Dresden den- noch aufgrund seines offensiven Eintretens für die nationalsozialistische Gesundheitspolitik und der Verstrickung in die Zwangssterilisationspraxis weiterhin an der Durchsetzung der NS- Politik mitgewirkt. Der »alte Kämpfer« Boehm konnte zwar in Dresden selbst nicht die von ihm erhoffte Breitenwirkung erzielen und auch kein Zentrum der rassenhygienischen Forschung etablieren. Er propagierte aber offensiv rassenhygienisches Gedankengut und hat an dessen praktischer Umsetzung aktiv mitgewirkt. Während Jensen in Dresden 1947 in der Haft umkam, lebte Boehm in Gießen weitgehend unbehelligt, bevor auch er mit 78 Jahren verstarb.

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