Katalog
11 Ein vielseitiger Gelehrter – Biographische Bemerkungen zu Julius Kurth Die Sammlungen Julius Kurths, von denen zwei in diesem Katalog vorgelegt werden, zeichnen sich besonders durch die akribische Aufarbeitung aus, die der Sammler den Objekten in seinen handschriftlichen und großartig illustrierten Katalogen angedeihen ließ. Dadurch wird auch ein besonderes Interesse an der Person des Sammlers geweckt. Aus zunächst spärlichen und verstreuten Hinweisen ist inzwischen eine umfangreiche und breite Quellenbasis erwachsen, die es erlaubt, ein facettenreiches Bild dieser ein- drucksvollen Persönlichkeit zu zeichnen. 1 Die Vielseitigkeit der Interessen und Leistun- gen Kurths kann hier nur angerissen werden. 2 Friedrich Erdmann Julius Kurth wurde am 15. Mai 1870 in Berlin-Kreuzberg geboren. Sein Vater Friedrich Wilhelm Julius Kurth war Lehrer und Rektor einer Gemeindeschule, die Familie gehörte zum Bildungsbürgertum, wenn sie auch materiell und räumlich in bescheidenen Verhältnissen lebte. 3 Geistige Anregung verdankte er seinem Onkel Leopold Clausnitzer, ebenfalls einem Pädagogen. 4 Nach Kurths Erinnerungen hörte dieser Vorträge von Carl Richard Lepsius und berichtete davon so, dass er die Begeisterung des Jungen für das alte Ägypten weckte. Sein Vater besuchte mit ihm das von Lepsius eingerichtete Ägyptische Museum. Dazu kamen Bücher in der heimischen Bibliothek, wie die »Vollständige Völkergalerie in getreuen Abbildungen aller Nationen mit ausführlicher Beschreibung derselben«, deren Tafeln zum alten Ägypten Kurth als Kind nachgemalt hat, oder »Das Wunderland der Pyramiden« von Karl Oppel, das seit 1863 in mehreren Auflagen als gut lesbares Jugendbuch erschienen war. Ägypten übte eine besondere Faszination auf den Jungen aus, die ihn sein Leben lang begleiten sollte. Aber auch andere Bereiche der Kulturge- schichte interessierten ihn, so die Kulturen Ostasiens und das deutsche Mittelalter. Kurth schreibt von frühen eigenen dichterischen Versuchen und zeichnerischen Kopien verschiedenster Art. Daneben schildert er aber durchaus auch kindliche Abenteuer auf dem Zimmermannsplatz des Hausnachbarn. Ab 1879 besuchte Kurth das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium, ab 1883 das angese- hene Gymnasium zum Grauen Kloster. Er verfolgte seine Neigungen bemerkenswert ernsthaft, wie besonders der Anfang eines handschriftlichen illustrierten Verzeichnisses ägyptischer Vokabeln zeigt. Als nun regelmäßiger Besucher des Ägyptischen Museums fertigte er dort zahlreiche Zeichnungen an. Außerdem schrieb er eine Geschichte der deutschen Literatur, begann Schmetterlinge zu sammeln und verfeinerte seine Kopier- techniken. Eine hervorragende Beobachtungsgabe und ein ausgeprägtes optisches Gedächtnis kamen ihm offenbar zugute. Seine zahlreichen Schriften verfasste er in der für ihn typischen feinen Druckschrift. Das Abitur legte Kurth 1890 ab, es dürfte vor allem dem Ausleben seiner zahlreichen Interessen geschuldet sein, dass das Zeugnis nicht wirklich glänzend ausfiel. Im Anschluss an das Abitur nahm Kurth das Studium der Evangelischen Theologie an der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin auf. Bereits 1891, am Beginn des Studiums, starb der Vater. Julius Kurth musste zum Lebensunterhalt Privatunterricht erteilen und war auch an der Sonntagsschule von St. Nicolai tätig. Dennoch absolvierte H e n r y k L ö h r Julius Kurth etwa zur Zeit des Abiturs (Privatbesitz)
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