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Studien zur Geschichte und Bedeutung der alten Dresdner Augustusbrücke 101 die alte sakrale Bedeutung der Dresdner Elbbrücke ausgelöscht, denn auch die Brückenkapelle ist längst verschwunden. Sie erhob sich auf dem Vorkopf des achten Brückenpfeilers. Zunächst war sie »Corpus Christi« geweiht. 23 Die älteste überlieferte Rechnung des Brückenamtes von 1388 bezieht sich auf diese Kapelle, an der damals der Steinmetz Johann Heyn- zold als »lapicida«, aber auch als »murator« tätig gewesen ist. 24 Er hatte auch die Dachdeckung zu besorgen. Als Zimmermann ist ein Meister Johann genannt. Abgerechnet wurden neben den Fenstern der Kapelle auch zum Bau verwendete Steine aus »Pirnia« und »Ratyn«. In den Jahrzehnten vor der Reformation nannte man sie die Alexiuskapelle. Ihre Einwölbung ist für 1468/ 69 belegt. 25 Ein Bildwerk aus Silber wird besonders genannt. 26 Nach der Reformation wurde die Kapelle 1541 abgetragen und 1542/ 43 an ihrer Stelle ein Zollhaus errichtet. Ihre Einkünfte fielen an das Jakobshospital. Die Bedeutung der mittelalterlichen und früh- neuzeitlichen Brücke im Zusammenhang mit der Verteidigungsfähigkeit der Stadt Für die Verteidigungsfähigkeit einer Brücke war stets entschei- dend, im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung so schnell wie möglich ihre verbindenden Funktionen unterbre- chen zu können. Daher war man keineswegs immer vorrangig an steinernen Bogenbrücken interessiert. Sie setzen relativ friedliche Umstände voraus, die imMittelalter kaum die Regel waren. So dominieren Holzbrücken nicht nur wegen der oft mangelnden Erfahrung mit steinernen Konstruktionen. Sie bieten Vorteile aufgrund der besseren Durchlassfähigkeit des Wassers bei häufigen Flutkatastrophen und eben auch wegen der besseren Möglichkeit der Verteidigung. Hölzerne Teile einer Brücke kann man im Ernstfall schnell abbrennen, Zug- brücken ermöglichen eine schnelle Unterbindung des Verkehrs. Auch Steinbrücken weisen häufig Zugbrücken auf. Die Dresdner Elbbrücke besaß im späten Mittelalter wahrscheinlich drei Abschnitte mit Zugbrücken, je eine vor den Stadttoren des links- und rechtselbischen Dresden und eine nördlich des Zollhauses auf dem Pfeiler 16. 27 Statt der durchgehenden Wölbung eines Bogens zwischen den Pfeilern 16 und 17 waren zwei schmale Bogenscheiben in Stein ausgeführt, so dass die Bogenbrücke vollständig erschien, aber der Fahrweg war als hölzerne Zugbrücke ausgeführt. Erst 1729 wurde der Bogen vollständig geschlossen. 28 Das linkselbische, mittelalterliche Elbtor war ein Turm über etwa quadratischem Grundriss. Seine Durchfahrt war kreuz- rippengewölbt. Die birnförmig ausgebildeten Rippen des Gewölbes, das bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erhalten war, sprechen für eine Entstehung des Gewölbes im 14. Jahrhun- dert. 29 Hier änderte sich die Situation mit dem Bau des Georgentores, welches man wohl schon vor den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts über den Bögen 1 und 2 der ältesten Brücke errichtet hatte. Es wurde in die unter Herzog Georg von 1519 bis 1529 errichtete Befestigungsanlage integ- riert. Das Georgentor der Renaissance hatte keine Befestigungs- funktion mehr. Beim Bau dieses neuen Teils des Schlosses – zumal nach seiner Ausgestaltung als Renaissanceschloss – muss man bereits mit einer neuen Torbefestigung gerechnet haben. Zunächst wurde der Nordflügel des Schlosses durch Aufschüt- tung eines Walls, des Schlosswalls, geschützt. 30 Seit der Mitte der vierziger Jahre wurde dann im Auftrag des Herzogs und späteren Kurfürsten Moritz der Bau der Renaissancefestung Dresden begonnen und damit auch dem linkselbischen Brü- ckenkopf ein völlig neues Gesicht gegeben. Die Neubefestigung war verbunden mit der Verschüttung der drei Bögen der Elbbrücke zwischen Pfeiler 3 und 6. Nun war in der modernen Bastionärbefestigung kein eigener Torturm mehr erforderlich. Dafür wurde im Bereich der Festungsanlage ein neues Tor, das sog. »Schöne Tor« errichtet. Aus wehrtechnischen Gründen wurde es aus der Achse der Brücke herausgerückt und schräg zu dieser angelegt. 31 Das hatte nicht zuletzt mit einer städte- baulichen Entscheidung zu tun. Man schloss nämlich das Georgentor und leitete den Verkehr nicht mehr durch die Schloßstraße auf den Altmarkt, sondern durch die heutige Augustusstraße zum Neumarkt. In diesem Zusammenhang entstand wohl eine neue Zugbrücke nördlich des Pfeilers 8, auf dem die Alexiuskapelle gestanden hat. Nördlich vom Schloss – zwischen Georgenbau und Festungsmauer – breite- ten sich nun die Münze und das Schmelzhaus aus. Zweihun- dert Jahre lang sollte die Entscheidung zur »Verkehrsumlei- tung« das historische Stadtgefüge beeinflussen. Damit sollte der bisher nur »vorstädtische« Bereich um die Frauenkirche aufgewertet werden. Aber gleichzeitig wurde damit der bishe- rige städtebauliche Werdegang der Stadt und des Schlosses empfindlich beeinträchtigt. Selbstverständlich durfte die neue Toranlage als wichtigster Eingang in die Stadt gegenüber den anderen Portalanlagen der Stadt auch nicht zurückstehen. Der Bogen zwischen sechstem und siebentem Brückenpfeiler wurde nun abgebrochen, vom siebenten Pfeiler führte eine Zugbrücke auf das neue, triumphbogenartig dreiteilig gestal- tete »Schöne Tor« zu. 32 Eine rundbogig geschlossene Mittel- öffnung zeigt sich begleitet von Bündeln von je drei toskani- schen Säulen, beiderseits je einer Fußgängerpforte und einem weiteren Bündel von Säulen. Über den Fußgängerpforten waren links das Kurwappen, rechts das sächsische Hauswappen angebracht, im Fries des klassisch ausgebildeten Gebälks sieben Wappen der Landesteile. Das stadtseitige Portal war ebenfalls dreiteilig, aber bescheidener gestaltet. Der mittlere Rundbogen war von ionischen Pilastern flankiert, an denen Wappen angebracht waren. Ein weiteres Wappen zierte den Scheitel. Die Rahmung der Fußgängerpforten war rustiziert. 33 Über der tonnengewölbten Tordurchfahrt war ein Fallgitter angeordnet, das erlaubte, jederzeit den Verkehr zu sperren. 34 Auf dem gradlinigen Abschluss der Bastion hatte Kurfürst August Skulpturen zweier Männer mit »Morgensternen« aufstellen lassen, die er bei der Einnahme der Festung Grimmenstein in Gotha 1567 erbeutet hatte. Seit dem 17. Jahrhundert krönt die Bastion ein eingeschossiger pavillonartiger Bau, »Katze« genannt (Abb. 2, 3) . Das Altendresdner Tor war ein schlichter quadratischer Turm, der sich über dem Pfeiler 24 erhob. 35 Er besaß oberhalb der Durchfahrt mit rundbogigen Öffnungen ein niedriges Obergeschoss, darüber eine Plattform mit Zinnen. 1534 wurde er erhöht und mit Giebeln versehen. 36 Als Baumeister wird Bastian Kramer genannt. Den Anstrich der Giebel besorgte der Maurer Hans Schaffrath »außen rum mit streiffenn«. Der Maler Meister Jocoff malte »dy wapen vben auff, auff beiden seiten.« Meistern Jocoff erhielt noch 40 Groschen für die Malerei der Figuren »des hergocz leiden«, also Passionsbilder. 37 Gleichzeitig

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