Katalog
35 Gerhard Glaser Die dritte Semperoper und Wolfgang Hänsch Er könnte die nachfolgenden Sätze zum Umgang mit bereits Gebautem selbst formuliert haben: »Zuerst werde ich von der Erfindung des ersten Architekten [...] sprechen und Euch klar darlegen, welches seine Absicht war und wie sie sich in dem begonnenen Bau bestätigt. Wenn ich Euch das verständlich mache, werdet Ihr erkennen können, dass mein Modell diejenige Symmetrie, diejenige Beziehung, diejenige Konformität in sich hat, welche zu dem angefangenen Gebäude gehört.« 1 Wolfgang Hänsch hat immer, wenn ihm Baudenkmale anvertraut wurden, so gehandelt, wie 500 Jahre zuvor Leonardo da Vinci sich in einem Gutachten zumWeiterbau des liegen gebliebenen Domes in Mailand geäußert hatte. Vier Baudenkmale waren es, denen er sich mit dem gleichen Verantwortungsbewusstsein und der gleichen Intensität widmete, obwohl sie von unterschiedlichem Rang waren. Eigent lich waren es fünf, denn vor der Oper (1967–1985), dem Altbau Große Meißner Gasse 15 im Neubau Hotel Bellevue (1982), dem Zuschauerraum des Schauspielhauses (Anfang der 1990er Jahre) und dem Rathaus Pirna (1993) steht noch der Georgenbau des Schlosses, der eigentlich abgerissen werden sollte, damit man den neu zu errichtenden Kulturpalast schon von der Brücke her sehen konnte. Aber Hans Nadler, der Denkmalpfleger, hatte es geschafft, die führenden Politiker von der hervorragenden Eignung des Georgenbaus als Baustellen einrichtung für den Kulturpalast zu überzeugen. In diesem Zusammenhang hatte ich in Nadlers Auftrag meine erste Begegnung mit Wolfgang Hänsch, der sich dann aber mit der eigentlichen Planung nicht befasste. Sie wurde Manfred Arlt übertragen. Es lag seitens der verantwortlichen Kommunalpolitiker nahe, Wolfgang Hänsch, der gerade gezeigt hatte, dass er in der Lage war, einen anspruchsvollen Veranstaltungsbau wie den Kulturpalast planerisch zu bewältigen, mehr und mehr in die Vorbereitungsarbeiten zum Wiederaufbau der Oper einzubeziehen. Eine spannende Geschichte. Am 13. Februar 1945 waren Bühnenbereich und Zuschauerraum vollständig ausgebrannt; in den Vestibülen und Foyers dagegen war vergleichsweise viel von der Innenarchitektur bis hin zu nicht wenigen Wandgemälden erhalten geblieben. Bereits 1946 eingeleitete Siche rungsarbeiten kamen zum Erliegen, als 1948 der hintere Bühnenhausgiebel einstürzte. Das alte Hoftheater wurde dann auch politisch obsolet. Anmerkung 1 Nobert Huse, Denkmalpflege. Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten, München 1984, S. 12.
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