Katalog
40 Marktplatz Weimar. Bestrebungen für den Erhalt eines überlieferten Stadtraums Diskussionen um einen radikalen städtebaulichen Neuanfang angesichts der Trümmer, wie sie aus anderen kriegszerstörten Städten bekannt sind, hat es in Weimar nach 1945 nicht gegeben. Zum einen war durch den vergleichsweise gerin gen Zerstörungsgrad von etwa zehn Prozent 10 ein Erhalt des Maßstabes und der Struktur der historischen Altbausubstanz in ihrem städtebaulichen Raumgefüge naheliegend. Noch entscheidender war jedoch das sich auf dem klassischen Erbe gründende Selbstverständnis der Stadt, eine bis in die Zeit der Klassik zurück reichende Tradition. Es bestand daher kein Zweifel, mit der Wiederherstellung der Klassikerstätten und Parkanlagen zu beginnen und in erstaunlichem Tempo bis zum Goethejahr 1950 abzuschließen. Dagegen blieb der Umgang mit der zerstörten Bausubstanz an der Nord- und Südseite des Marktes ungewiss. Die beschädigten Gebäude wurden bei der Trüm merberäumung zwar zunächst notdürftig gesichert, doch stellte man wiederher stellende Baumaßnahmen zurück, weil dem Marktplatz trotz Anerkennung seiner städtebaulichen Bedeutung nicht die gleiche Priorität beigemessen wurde wie etwa den Wohnhäusern von Goethe und Schiller. Die Gestalt des Weimarer Marktplatzes entstand in ihrer heutigen Grundform im 16. Jahrhundert. Nach der Ernennung Weimars zur ernestinischen Hauptresidenz 1547 wurde der einstige Turnierplatz zum zentralen Platz der Stadt, an dem sich Familien der Ratseliten und Kaufleute niederließen. Unter Einfluss des Landbau meisters Nicol Gromann wurde er als rechteckige Platzanlage im Stil mitteldeut scher Renaissance angelegt; seine Bürgerhäuser waren mit verputzten Fassaden gestaltet, markant waren ihre mit Muschelnischen und Sitzbänken versehenen Rundbogenportale. Die Ostseite prägten das 1526 bis 1547 errichtete Stadthaus mit seiner großen, noch mit spätgotischem Maßwerk gestalteten Giebelfront und das benachbarte Cranach-Haus von 1549 mit zwei Giebeln und antikisierendem Fassa denschmuck. Schlichter gaben sich die nördlichen und südlichen Platzwände. Zu ihnen gehörte die Hofapotheke von 1567 in der Mitte der Nordseite mit ihrem behauenen Rundbogenportal und dem 1589 nachträglich angebrachten Renaissance-Im 16. Jahrhundert wurde der Marktplatz von Weimar als rechteckige Platzanlage im Stil der mitteldeutschen Renais sance angelegt. 10 Stadtmuseum Weimar (Hg.), S. 3.
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