Katalog
131 Der Fluch der bösen Tat. Der Kampf um die Ruine der Sophienkirche Der Verlust der Sophienkirche bleibt unter den zahlreichen denkmalfeindlichen Entscheidungen beimNeuaufbau des Dresdner Stadtkerns als besonders schmerz haft in Erinnerung. Denkmalpfleger, Architekten und engagierte Bürger hatten sich viele Jahre dem drohenden Abriss der Ruine widersetzt, ohne letztlich die Entschei dungsträger umstimmen zu können. Zu groß war deren Verlangen nach einem umfassenden Neubaukonzept, das für sie folgerichtig allein durch einen völligen Bruch mit der überlieferten Stadtstruktur und der historischen Bausubstanz umzu setzen war. Nicht zuletzt durch Walter Ulbricht, der bei einer Besichtigung des Stadtmodells im Jahr 1960 die dort dargestellte Ruine der Sophienkirche entfernte, wurden von staatlicher Seite alle Versuche beendet, den zerstörten Kirchenbau zu erhalten. Die wiederaufbaufähige Ruine der Sophienkirche war damit unwieder bringlich verloren und wurde 1962/63 abgerissen. Der sich damals auch für ein Bewahren der Ruine engagierende Pfarrer Karl-Ludwig Hoch beschrieb nachträg lich die Resignation: »Ohnmächtig standen wir am Bauzaun Postplatz. Durch die Astlöcher sah man das Graben am Grabe der Sophienkirche. Man ballte die Fäuste – in der Tasche! […] Die uralte Nordwand wurde eingerissen. Man ging tief traurig nach Hause. Gegen den Kulturbolschewismus war nichts zu machen.« 1 Mit der Sophienkirche verlor Dresden sein ältestes im Wesentlichen erhaltenes Baudenk mal. Aber auch in der Folge, nach 1989, ließ man alle Chancen verstreichen, wenigstens die letzten Spuren des Sakralbaus zu erhalten. 1 Siehe Karl-Ludwig Hoch, Emotionen beim Gang über das Grabungsfeld im Oktober 1998, Redebeitrag anlässlich der Jahresversammlung Sophienkirche, 30. Januar 1999; Archiv Prof. Wiel. Während der Zwinger ab 1946 wiederaufgebaut wurde, verfiel die Sophienkirche zunehmend.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1