Katalog

13 Der Schürenhof in Ostende, von Wiel im Jahr 2003 aus der Erinnerung gezeichnet. Der Grundriss und Schnitt des alten Hauses entsprach im Wesentlichen dem nieder­ sächsischen Bauernhaus, es war eine bauklimatisch, stallhygienisch und bau­ konstruktiv durch viele Jahr­ hunderte ausgereifte Lösung. Brunnenwasser gewaschen wurden, wo gebuttert wurde und wir die frische But­ termilch aus der Schöpfkelle tranken. Das alles hat sich tief eingeprägt. Am Giebel hinter der Querküche lagen die Stuben. Wegen der Winterkälte hatte meine Tante eine Stube in eine Küche umgewandelt. Hier wurde auch jede Woche in einem hölzernen Trog Brotteig geknetet. Er wurde dann in das unweit gelegene Backhaus getragen. Wir durften es nicht betreten, weil es baufällig war. Aber der gemauerte Ofen erfüllte noch seinen Dienst. Neben der kleinen Küche lag die Essstube. In ihr standen ein großer Tisch vor einem Ledersofa und ein Schreibsekretär in der Ecke. Daneben befand sich die »gute Stube«, die meist abgedunkelt war und nur zu besonderen Gelegenheiten benutzt wurde. In der Essstube war ein rundes Loch in der Decke, so dass man eine Horch- und Sprechverbindung zu dem darüber befindlichen Schlafzimmer hatte. Die Kindheitserinnerungen an Ende sind für mich so tiefgreifend, dass ich noch heute davon träume. Leider ist von der alten Romantik nicht viel übrig geblieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhren wir mit dem Auto nach Ende, nur um mal einen Blick auf das alte Haus zu werfen. Ich habe schnell wieder weggesehen, um die schönen Erinnerungen nicht zu zerstören. Das alte Haus war verschandelt und von Neubauten umgeben, die Felder und Wiesen waren aufgeteilt und bebaut, es war ein Vorort der Stadt Dortmund entstanden. Ich verdanke dem Schürenhof das Erlebnis einer uralten bäuerlichen Wirtschaft in einer unberührten Landschaft von Wiesen und Äckern mit der schweren und fruchtbaren westfälischen Erde.

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