Katalog

Prothesen Mit der Konstruktion von Modular-Prothesen erhielt die Versorgung Amputierter Ende der 1960er Jahre neue Impulse. Die Modular-Pro- thesen im Bestand, von denen die älteste von 1985 stammt, doku- mentieren die Technik: Hier übernimmt ein Rohrskelett die tragende Funktion. Die Einzelteile sind lösbar miteinander verbunden und können jederzeit ausgetauscht werden. Auch Korrekturen an der Statik sind später noch möglich. Das Rohrskelett kann durch eine kosmetische Verkleidung aus Schaumstoff verdeckt werden. Sie verleiht der Prothese die Anmutung eines echten Beins und kaschiert so die Amputation. 10   Abb. 13 Armprothesen lassen sich in aktive und passive Kunstglieder un- terscheiden. Um einer Beschäftigung in Handwerk, Industrie oder Landwirtschaft nachgehen zu können, erhielten viele armamputierte Menschen Funktionsprothesen , bei denen die Werkzeuge direkt am Prothesenarm befestigt wurden   Musterbiografie der Nach- kriegszeit, S. 74 . Mit diesen passiven Prothesen ließen sich vielfälti- ge Bewegungen und Tätigkeiten ausführen, bei denen Kraft, Grob- und Feinmotorik nötig waren. Ihnen fehlten jedoch die Sensorik und der Tastsinn der Haut. Die zahlreichen Ansatzstücke in der Sammlung konnten ausge- wechselt werden. Neben Haken und Ringen, die vielfältig verwend- bar waren, befinden sich im Bestand auch Ansätze wie Feilenhalter für berufsspezifische Verrichtungen und spezielle Vorrichtungen zur Steuerung von Fahrzeugen.   Abb. 14 Neben Arbeitsarmen verfügt das Museum auch über sogenannte Kosmetikprothesen . Solche passiven Armprothesen dienen zur Korrektur des äußeren Erscheinungsbilds und werden bevorzugt dann getragen, wenn fehlende Funktionen nicht ersetzt werden können. Sie sehen echten Gliedmaßen ähnlich, haben ein geringes Gewicht und sind verhältnismäßig unkompliziert zu handhaben. Ihre funktionellen Möglichkeiten beschränken sich jedoch auf ein einfa- ches Gegenhalten. 11 Das Museum besitzt zudem eine große Zahl aktiver Prothesen. Als bahnbrechend galt die Sauerbruch-Prothese , für die mit Haut aus- gekleidete Kanäle durch die Muskulatur des Stumpfs gelegt wurden. Über sie wurden Stumpf und Prothese miteinander verbunden. Sie konnte nun mithilfe von Muskelbewegungen gesteuert werden. 12 In der Sammlung befindet sich eine sehr frühe Sauerbruch-Prothese, die auf 1920/21 datiert. 13 Die Jüngste diesen Typs wurde 1970 bis 1986 von einem Versehrten des Zweiten Weltkriegs getragen. 14 Auch die in den 1960er Jahren aufkommenden myoelektrischen Prothesen nutzen zur Bewegungssteuerung die Muskelpotenziale im Armstumpf. Impulse, die auf der Hautoberfläche messbar sind, werden von Elektroden im Prothesenschaft aufgenommen, verstärkt und an einen Elektromotor weitergeleitet, der die Prothesenhand öffnet, schließt oder dreht. 15 Das älteste entsprechende Objekt in der Sammlung stammt von 1970, herausragend ist jedoch eine myo­ elektische Prothese, die für ein dreijähriges Kind angepasst wurde.   Zweckdienlich und austauschbar, S. 98 71

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