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Es ist die perfekte Illusion: die Form dieses Beins, die Farbe der Haut, das Drachen- Tattoo, der Flipflop. Man könnte übersehen, dass dies eine Prothese ist. Sie imitiert auf kunstvolle Weise ein echtes Bein. Der Schlüs- sel liegt in der Fertigungstechnik. Die Nachfrage nach unauffälligen Prothe- sen trieb die Hersteller dieses Kunstbeins an. 1 Es wurde in gewöhnlicher Rohrskelett- bauweise aus Aluminium mit einem Karbon- fuß gefertigt – und dann durch den Überzug aus Silikon in ein perfektes Imitat verwandelt. Ein neues Verfahren machte es möglich, hochvernetzende medizinische Silikone an- ders zu verarbeiten. Statt es in Formen zu gießen, wurde das Silikon in einem Druckver- fahren Schicht um Schicht aufgetragen. Da- durch entstanden mehrere Vorteile. Die ein- zelnen Schichten fügen sich nahtlos aneinan- der, Übergänge sind nicht sichtbar, wodurch ein täuschend echtes Erscheinungsbild ent- steht. Zugleich kann im Inneren ein anderer, leichterer Kunststoff (Polyurethanschaum) als Füllmaterial eingesetzt werden. So verrin- gert sich das Gewicht um bis zu 40 Prozent. 2 Der Silikonüberzug kann mit Wasser und Sei- fe gereinigt werden, und wenn Überzug und Schaftrand verklebt werden, dann ist die Pro- these komplett wasserfest. Für die ästhetischen Ansprüche entschei- dend ist, dass sich Überzüge und Prothesen aus Silikon individuell fertigen lassen. Die Struktur der Haut lässt sich nachahmen, Adern können angedeutet werden, und der Hautteint kommt dem Vorbild sehr nahe. Zu- gleich können die Träger_innen die Prothese nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten lassen. In diesem Fall wurde ein Tattoo in den Überzug eingearbeitet. Auf die Zehennägel aus Acryl kann wie bei Naturnägeln Nagel- lack aufgetragen werden. Damit erscheint das Bein zwar in der Bearbeitung einzigartig, in Anbetracht, dass lackierte Nägel und in- zwischen auch Tätowierungen weitverbreite- ten Körperschmuck darstellen, wiederum auch modekonform und gewöhnlich. Mit einer Prothese wie dieser haben Beinamputierte die Möglichkeit, gängige Techniken zur Kör- perinszenierung auch an ihrem Beinersatz zu praktizieren. Abb. 35 103

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