Katalog

    stecken in den Prothesen? Welche Leistungskonzepte sind in sie eingeschrieben? Rufen sie Formen des Widerstands, des Eigensinns auf den Plan? Wie dicht muss man an diese Objekte heran, um sie zu verstehen? Mit großer Neugierde und Entdeckerlust sind die Projektmitarbei- ter_innen einerseits sehr nah an die Objekte herangerückt. Sie haben deren Materialität untersucht, akribisch die wesentlichen Basisdaten wie Maße, Material und Gewicht erfasst, detaillierte Objektbeschrei- bungen verfasst und die Objekte in eine Begriffssystematik einge- ordnet und relevante Schlagworte vergeben. Andererseits wurde mit den Möglichkeiten der Quellen- und Literaturrecherche bewusst auch die Distanz zu den Objekten gewählt: Recherchen zur Herkunft, zur möglichen Funktion und Handhabung sowie zu den Nutzer_innen erweiterten den Blick. Je mehr Wissen zu den Einzelobjekten zur Verfügung stand, umso besser konnten sie in den historischen Kon- text gestellt werden. Neben den einzelnen Objekten wurden auch die Verbindungen zwi- schen den Hilfsmitteln und ihren Nutzer_innen sowie die Relationen zwischen den Objekten untereinander untersucht. Der zur Verfügung stehende umfangreiche Objektbestand erwies sich hierbei als Fund- grube: Die Gruppierung nach Zeitabschnitten, Funktionsweisen, Kör- perzonen oder die Zusammenstellungen von Entwicklungsreihen brachten neue Erkenntnisse zur Geschichte der Prothetik. Hierbei wur- den etwa die Vorlieben der Nutzer_innen deutlich oder die Ausbreitung von erprobten Materialien und technischen Neuheiten. Der nun vorliegende Band 5 der Reihe Sammlungsschwerpunkte stellt die Projektergebnisse vor. Neben den Objektgruppen, die er versammelt, befinden sich auch Zahn- und Haarersatz, Epithesen, Bandagen sowie Bild- und Filmmaterial zur Prothetik im Bestand. Weitere ausführliche Informationen zu allen Objekten stehen interes- sierten Nutzer_innen in der Datenbank unter www.dhmd.de/emuseum zur Verfügung. Der erste Teil des Buches bietet einen Überblick über die Ge- schichte der modernen Prothetik und skizziert Möglichkeiten ihrer körperhistorischen Erforschung. Die Historikerin Annika Wellmann- Stühring liefert in ihrem Aufsatz Ergänzen, Korrigieren, Optimieren. Die Entwicklung der modernen Prothetik Hintergrundinformationen zur Prothetik im Kontext von Körper- und Sozialgeschichte. Der Bei- trag ist chronologisch angelegt und in fünf Phasen eingeteilt. Diese umspannen den zeitlichen Rahmen der Sammlung. Fünf Geschich- ten von ausgewählten Objekten sind den Entwicklungsabschnitten zugeordnet. Ihr daran anschließender Beitrag Prothetik und Körper- geschichte. Zugänge und Schwerpunkte ist den für die Bestandser- forschung ausgewählten analytischen Ansätzen gewidmet. Bei der Befragung des Bestands fiel die Entscheidung zugunsten der drei Kategorien: Normalisierung, Leistung und Widerstand. Ein Interview, eine Reportage und eine Kurzgeschichte im zweiten Teil des Buches haben eines gemeinsam: Sie sind mit Objekten aus der Prothetik-Sammlung verbunden. „Der Rollstuhl muss passen DIE ERGEBNISSE 11

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