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43 ten mit Disputationen entgegenzuwirken – akademische Auseinandersetzungen, die nun gleichsam in Form eines öffentlichen Tribunals eine Entscheidung zwischen alter und neuer Lehre in der Stadt herbeiführen sollten. Doch längst nicht überall war das Ergebnis eindeutig – und hinzu kam, dass häufig der Rat gleichsam als Schiedsrichter fun- gieren sollte, dessen Mitglieder sich jedoch alles andere als einig waren. Schwieriger noch war, dass sich nicht nur die Bischöfe, sondern auch die meisten Pfarrer und Vikare den Konflikten weitgehend entzogen. Immer häufiger forderten einzelne Gruppen die offizielle Zulassung lutherischer Pre- diger auch in den städtischen Kirchen – und ebenso wollte man auf Deutsch singen, auf Deutsch getauftwerden sowie das Abendmahl in beiderlei Gestalt erhalten dürfen. In diversen Städten wie Göttingen oder Hannover wurde dies mit politischen und ökonomischenWünschen verbun- den, bei denen es um Fragen der Verschuldung der Stadt, der Erhebung von Steuern oder der Partizipation weiterer Gruppen am städtischen Regiment ging (Abb. 3). Vergleich- bare Forderungen hatten im 15. und frühen 16. Jahrhundert zu Aufständen geführt. Wenn nun der jeweilige Rat die Ord- nung zu bewahren und einen Aufstand zu vermeiden ver- suchte, so rückte er unversehens in das Zentrum der Kritik undWut der Bürger. Dabei verfügten die Stadträte über sehr Abb.4 Heinrich d.J. zugeschrieben: Ein Pferdeharnisch in Prunkausführung, 1542, Kat.-Nr.109
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