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87 Flüchtigkeit Die Text-Bild-Ensembles der Totentänze sind seit der Mitte des 15. Jahrhunderts inMitteleuropa weit verbreitet. Sie zei- gen, wie Figuren aus demgesamten gesellschaftlichen Spek- trum (von Kaiser oder Papst bis zum Bettler) jeweils von einer Skelett- oder Leichengestalt zum Tanz aufgefordert werden. Totentänze sind der mittelalterlichenMoraldidaxe zuzuordnen: Sie rufen dazu auf, angesichts der Unvorher- sehbarkeit des Todes und der Gleichheit aller im Tod recht- zeitig ein gottgefälliges Leben zu führen. Umdiese Einsicht zu erreichen, arbeitet der Totentanz mit dem Erschrecken: Der Tanz ist im Gegensatz zu seinem eigentlichen Aus- druckswert, der Lebensfreude, verkehrt zur plötzlichen Kon- frontation mit dem Sterben; die Personifikation des Todes wird als Leiche oder Skelett vorgestellt, das mit oftmals gro- tesker Gestik und höhnischen Worten sein Gegenüber ent- schieden adressiert. Totentänze sind als monumentale Wandgemälde an Friedhofs- oder Kirchenwänden (vgl. die Lübecker Marien- kirche), ab dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts dann auch vielfach im gedruckten Buch erhalten. In dieser Tradi- tion steht das hier vorgelegte Exemplar, dessen Illustratio- nen auf im Jahr 1526 von Hans Holbein gezeichnete Vorla- gen zurückgehen, die in der Folge in Holz geschnitten und in einer Reihe von Buchausgaben erweitert und mit unter- schiedlichen Texten zusammengestellt wurden. Die präsen- tierte Ausgabe aus dem Jahr 1547 ist mit Texten von Georg Aemilius versehen, einem reformatorischen Theologen, der ab 1553 als Superintendent in Stolberg tätig war. Seinmehr- fach gedruckter Totentanz enthält neben den Bildern latei- nische Epigramme, die er nach einer französischen Vorlage anfertigte. Die linke Seite zeigt, wie der Tod die auf ihren Aufputz konzentrierte Gräfin heimsucht, die rechte Seite konfrontiert die mit ihrem Liebhaber beschäftigte Edelfrau mit dem zum Tanz aufspielenden Tod. Heike Sahm Lit.: Breitenbach 2015; Freytag 1993 Das Altarsakrament 4a (ohne Abb.) Kelch Unbekannt, um 1492 Silber, vergoldet, H 17, Dm 13,3 cm Einbeck, Ev.-luth. Kirchengemeinde St.Alexandri Einbeck, o. Inv.-Nr. 4b (ohne Abb.) Hostienteller (Patene) Unbekannt, 15.Jahrhundert Silber, vergoldet, Dm 16,3 cm Alfeld, Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld, Amtsbereich Alfeld 4c Kelchtuch (Palla) Niedersachsen, 3.Viertel 14.Jahrhundert Leinen, Stickerei: Seiden- und Leinenfäden, 40 × 43 cm Kloster St.Marienberg bei Helmstedt (Dauerleihgabe des Braunschweigischen Vereinigten Kloster- und Studienfonds) Die katholische Kirche kennt sieben Sakramente: Taufe, Kommunion, Hochzeit, Beichte, Letzte Ölung, Priesterweihe und die Feier der Eucharistie (Herrenmahl). ImHerrenmahl wird der Opfertod Christi als stellvertretende Sühne für alle Gläubigen vergegenwärtigt. Man bezieht sich dabei auf das in den Evangelien berichtete letzte Abendmahl, das Christus im Kreis seiner Jünger zu sich nahm. Hostie und Wein werden im Herrenmahl zu Leib und Blut Christi gewandelt; sie nehmen damit eine Eigen­ schaft an, die nach Auffassung der katholischen Kirche auch nach dem Ende des Gottesdienstes haftend bleibt (Transsubstantiation). Die zentrale Bedeutung der Eucha- ristie wird durch die Kostbarkeit der Materialien, aus denen der Kelch für den Wein und der Hostienteller gearbeitet sind – vergoldetes Silber, oftmals reich verziert oder mit

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