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177 Absicherung der Reformation Die Verkündung der evangelischen Kirchenordnungen (z.B.Braunschweig 1528,Goslar 1531,Hannover 1535/36, Hildesheim1544) alleinmusste aber noch keinen dauer- haften Erfolg der Reformation bedeuten. Das Erreichte musste vielmehr nach innen und außen abgesichert werden. Innerhalb der Bürgerschaft gab es in den meis- ten Städten durchaus nennenswerte Gruppen, die der Reformation ablehnend gegenüberstanden.Hinzu kamen unterschiedliche reformatorische Orientierungen in der Geistlichkeit, beispielsweise die Anhänger von Zwingli und Calvin, die von den Lutheranern entschieden be kämpft wurden. Die Absicherung der Reformation nach außenwar mit der Frage nach der städtischen Selbstständigkeit eng ver- knüpft. Die größeren Städte Südostniedersachsens hatten in der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts weit gehende Freiheitsrechte erlangt. Die Stellung einer Reichsstadt hatte zwar nur Goslar inne, aber auch die Räte von Braunschweig, Hildesheim, Hameln, Einbeck, Göttingen oder Hannover regelten ihre Angelegenheiten weitgehend unabhängig von ihren eigentlichen weltli- chen oder geistlichen Stadtherren. Die Reformation bot den Städten die Möglichkeit, durch die Erlangung der Kontrolle über das Kirchenwesen diese Stellung auszubauen und so die städtische Autonomie zu stärken. Zugleich führte die regelmäßig vorkommende Missachtung stadtherrlicher Rechte zu neuen Konflik- ten. Besonders intensiv wurde die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Braunschweig und Herzog Heinrich d.J., einem der profiliertesten Vertreter des alten Glau- bens, geführt. Umgekehrt verhielt es sich in Lüneburg. Hier versuchte Herzog Ernst der Bekenner, der sich schon 1527 dem evangelischen Bekenntnis angeschlossen hatte, die Einführung des neuen Glaubens in der Stadt mit der Rückgewinnung von politischem Einfluss in die- ser zu verknüpfen. AmEnde obsiegte aber Lüneburg, das den Herzog bei der Einführung der Reformation aus den städtischen Angelegenheiten herauszuhalten ver- mochte. Zur Absicherung der Reformation gegenüber Kaiser und Reich traten auch die Städte Braunschweig, Einbeck, Goslar, Göttingen, Hildesheim und Hannover dem 1531 geschlossenen Schmalkaldischen Bund, dem Schutz- bündnis der evangelischen Fürsten, bei. Der Bund stand unter der Führung des sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich und des hessischen Landgrafen Philipp und kammehrfach zu Bundestagen in Braunschweig zusam- men. Nach der Niederlage des Bundes im Schmalkaldi- schen Krieg (1547) gerieten insbesondere Braunschweig und Goslar in eine schwierige Lage. Beide konnten Bela- gerungen durch Heinrich d.J. zwar abwehren, mussten aber in entsprechenden Friedensverträgen Zugeständ- nisse machen. Goslar verlor dabei unter anderem die Hoheit über den Rammelsberg an den Welfen (Riechen- berger Vertrag 1552). Erst der Augsburger Religionsfrie- den (1555) bedeutete auch für die niedersächsischen Städte die endgültige Absicherung des evangelischen Bekenntnisses. Henning Steinführer Anmerkungen 1 Dickens 1974, S.182. 2 Moeller 2011b; zum Zusammenhang vgl. weiterhin: Hamm 1996.
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