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187 Optionen Die Übersetzung der seit dem9. Jahrhundert verbindlichen lateinischen Bibel (»Vulgata«) stand für die Reformatoren auf der Tagesordnung. Jeder Christ sollte imRingen um sei- nen persönlichen Glauben die Bibel selbstständig lesen und reflektieren können. Gleichzeitig unterzogen sie die »Vul- gata« sprachlicher und theologischer Kritik. Es entbrannte ein Kampf um das »unverfälschte« Wort Gottes. Hierony- mus Emser, Jurist und Bakkalaureus der Theologie, stand als Kaplan und Sekretär imDienst Herzog Georgs von Sachsen und verteidigte die katholische Kirche. Zwischen ihm und Martin Luther entspann sich seit 1519 ein Disput umMess opfer, Primat des Papstes und Allgemeines Priestertum. Luther verbrannte 1520 neben der päpstlichen Bannbulle auch die Schriften Emsers. An Luthers 1522 erschienenem Neuen Testament kritisierte Emser vor allem, dass die Über- setzung auf den hebräisch-griechischen (Ur-)Texten beruhte. Emser publizierte 1527 eine mit Randglossen ver- sehene »Korrektur- oder Gegenbibel«, in der Luthers »ver- messen und verkorte Dolmatschung« beklagt und vielmehr der »Lateynische vnd bewerte text vnversert« gedruckt wurde. Seine Übersetzung unterschied sich von der Luthers aber eher durch sprachliche denn theologische Korrektu- ren. Luther bezichtigte ihn daher 1530 des Plagiats (»ver- kaufftalsomein Testament vnter seinemnamen«). Spätere (katholische) Übersetzungen des Neuen und Alten Testa- ments durch Johann Dietenberger (1534) und Johannes Eck (1537) basierten ebenso auf der Vorlage Emsers wie eine 1530 auf Initiative des katholischen Laienordens der Michaelis- brüder in Rostock herausgegebene niederdeutsche Ausgabe des Neuen Testaments. Mit der Entscheidung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 – 1965), die Muttersprache in der Liturgie zuzulassen, gingen 1972/1974 und 1979/80 neue (Einheits-)Übersetzungen der Bibel für die deutschsprachi- gen Bistümer einher. Hans-Jürgen Engelking Lit.: Jünke 1978 Bibellektüre für jedermann 72 Leihgeber: Braunschweig, Theologisches Zentrum – Bibliothek 72a Dat nye Testament düdesch gantz vlytigen gecorrigiret mit eynem Register Martin Luther, Wittenberg, 1525 Papier, 21,4 ×16 × 6,5 cm B V 32 72b Dat Nye Testament. Martini Luthers. Mit Nyen Summarien edder kortem Vorstande up ein yder Capittel dorch Johannem Bugenhagen Johannes Bugenhagen, Lübeck, 1533/34 Druck: Ludwig Dietz, Kupferstiche: Georg Lemberger Papier, 34,2 × 26 × 9,7 cm B V 34 fol Das reformatorisch intendierte eigenverantwortliche Stu- dium der Heiligen Schrift erforderte die Übersetzung der Bibel in die Muttersprache. Weil keine einheitliche Sprache existierte, vielmehr hoch- und niederdeutsche (Schrift-) Sprachen sich stark voneinander unterschieden, arbeiteten die Reformatoren an niederdeutschen Bibelausgaben. Außerdem forderten sie das von katholischer Tradition und Lehre befreite »reyne Euangelion« und lehnten die seit dem 9. Jahrhundert verbindliche lateinische Bibel (»Vulgata«) ab. Unter Verwendung der von den Humanisten wieder entdeckten, hebräisch-griechischen (Ur-)Texte bemühte sich Luther um volkssprachliche Sinnhaftigkeit vor Gram- matik und wörtlicher Übersetzung. Sein 1525 in Wittenberg
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