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189 Optionen erschienenes niederdeutsches Neues Testament konkur- rierte mit älteren niederdeutschen Übersetzungen aus der »Vulgata« (z. B. »Lübecker Bibel«, 1494). Johannes Bugenha- gen, Wittenberger Stadtpfarrer, Professor, Obersuperinten- dent und Verfasser zahlreicher Kirchenordnungen, über- nahm seit 1524 die Betreuung niederdeutscher Bibelaus­ gaben. 1533/34 ging das Neue Testament als Teil der durch ihn betreuten ersten niederdeutschen Vollbibel (»Lübecker Bibel«) in Druck (das Titelblatt nennt das Erscheinungsjahr 1533, im Kolophon verweist der Drucker auf den 1. April 1534). Mit Hinweis auf die Urheberschaft Luthers für die in sechs Teile gegliederte Bibelausgabe betonte Bugenhagen, dass sie »schall heten des Luthers Biblie«. Weil aber seit 1545 auch sein Name im Gesamttitelblatt erschien, hieß sie fortan »Bugenhagenbibel«. Sprachlich orientierte sich die Übersetzung am Luthertext, aber ebenso an der »reynen sprake« des Niederdeutschen (der Sprache der Hanse). Bugenhagen schrieb einführende Zusammenfassungen zumNeuen Testament und legte den Lesern besonders das Johannesevangelium, die Episteln des Apostels Paulus und die erste Epistel des Apostels Petrus als »dat dachlike brodt« ans Herz. Überarbeitungen erfolgten durch David Wolder (Ende 16. Jahrhundert) sowie Johannes Paulsen und Klaus Groth (19. Jahrhundert). Hans-Jürgen Engelking Lit.: Garbe/Kröger 2010 Müntzer macht Ernst 73 Deutsch Euangelisch Messze etwann durch die Bepstischen pfaffen im latein zu grossem nachteyl des Christen glaubens vor ein opffer gehandelt/ [...] Thomas Muntzer Alstedt M. D. XXiiij. Thomas Müntzer, Allstedt, 1524 Druck: Müntzer-Presse, Holzschnitte: Neumen Papier, 19,2 × 16,5 × 2,5 cm Braunschweig, Theologisches Zentrum – Bibliothek, P IV 3 Als Pfarrer in Allstedt führte Müntzer in der Karwoche 1523 Wochengottesdienste und evangelischeMesse in deutscher Sprache ein und ließ die dafür erforderlichen liturgischen Bücher drucken (hier beigebunden ist Thomas Müntzer: Deutzsch kirchen ampt [...], 1523, Eilenburg, Druck: Nikolaus Widemar und Jakob Stöckel; in dem Band sind mehrere liturgische Texte handschriftlich von drei verschiedenen Schreibern nachgetragen, frühneuhochdeutsch). Der Druck der »Deutschen Evangelischen Messe« war allerdings erst abgeschlossen, nachdemMüntzer am 7./8. August 1524 aus Allstedt geflüchtet war. Mit der vollständigen Verdeut- schung der Messe war Müntzer der Wittenberger Reforma- tion zeitlich voraus. In seinen Allstedter Übersetzungen der Messliturgie sah er allerdings nur einen ersten Schritt einer stufenweisen Gottesdienstreform. In erzieherischer Absicht änderte er die Liturgie und die Texte zurückhaltend, da das Volk zuerst die Inhalte der bisherigen lateinischen Messe kennenlernen sollte, mit der es bisher betrogen worden sei. Nur die theologisch für Müntzer anstößigen Texte änderte er, insbesondere die, in denen dieMesse als Opfer des Pries- ters verstanden wurde. War Müntzer hinsichtlich Aufbau und Gestaltung der Messliturgie relativ konservativ, verfuhr er beim Übersetzen der liturgischen und biblischen Texte freier, insofern er sie nicht wörtlich, sondern nach ihrem

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