Katalog
397 Gewohnheit »Wir sind alle zum Tode gefordert« (Luther 1522) 229 Porträt des Johann Barter auf dem Totenbett Helmstedt, um 1617 Öl auf Leinwand, 63 × 55,5 cm Braunschweig, Braunschweigisches Landesmuseum, ZG 2189b Das Interesse am Porträt, an den individuellen Zügen einer Person, setzte im 15. Jahrhundert ein. Das Totenbildnis ent- wickelte aber nur in Deutschland, England und den Nieder- landen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine eigene Tradition. Dabei blieb die Verbreitung des Toten bildnisses nicht auf den protestantischen Kulturkreis be schränkt, auch wenn gerade prominente Beispiele wie die Bildnisse Luthers (1546, Lucas Cranach d. Ä., Landesmuseum Hannover) oder Melanchthons dies nahelegen könnten. Da es sich bei der Darstellung zumeist umöffentliche Personen handelte, erfüllten Totenbildnisse neben dempersönlichen Andenken an einen geliebten Menschen auch eine öffent liche Funktion. Dies findet sich im Bildnis des Helmstedter Rechtsprofessors Johann Barter: Einerseits nennt die In schrift die tieftraurige (»moestissima«) Witwe des schmerz- lich vermissten Gatten (»maritus desideratissimus«), an dererseits wurde das Bildnis im Bestand der Helmstedter Universitätsbibliothek überliefert. Typisch für diesen Bildnistyp ist, dass der Verstorbene sehr friedlich wirkt, als schliefe er nur. Johann Barter hatte in Rostock und – als herzoglicher Sti- pendiat – ab 1581 in Helmstedt studiert. 1593 wurde er zum außerordentlichen, 1604 zum ordentlichen Professor ernannt; 1597 erwarb er den juristischen Doktorgrad. Sein Totenbildnis zeigt ihn auf einem Kissen ruhend. Das helle Totenhemd, vorn am Hals von einer Schleife zusammen gehalten, und die schwarze Haube mit hellem Rand wirken zu mächtig für den von schwerer Krankheit gezeichneten Körper. Die eigenwillig vor der Brust gefalteten Hände hal- ten einen fächerartig aufgespreizten Trockenblumenstrauß. Die Starrheit der Darstellung wird durch die parallel verlau- fenden Falten des Totenhemdes noch unterstützt. Das Gemälde ist auf wenige Farbtöne reduziert und wirkt wenig plastisch. Eleonore Lang, Gaby Kuper Lit.: DI 61, Inschriftenkatalog: Deutsche Inschriften Online; Holsing 2007, S.34–52; Römer 1976, S.51f., Nr.215, S.46, Nr.150, S.51, Nr.209
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