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11 Birgit Finger · Alexander Hänel Prinz Johann Georg von Sachsen gehört zu den Persön lichkeiten der Wettiner, denen nur wenig öffentliche Aufmerksamkeit zuteilgeworden ist. Weil politisch un bedeutend, blieb er eine Randfigur in der sächsischen Geschichte. In der Chronik des Schlosses Weesenstein hat Johann Georg jedoch als letzter königlicher Schloss besitzer einen festen Platz. 1917 verkaufte er das Schloss, welches 1830 König Anton von Sachsen für das sächsische Königshaus erworben hatte. 100 Jahre nach diesem Ereig nis widmet sich diese Publikation Prinz Johann Georg, dessen Person und Lebensweg durchaus interessant sind. Jenseits der großen Politik suchte er sich ein Aufgaben feld, in dem er zu einer gewissen Bedeutung gelangte, nämlich als Sammler von vor allem christlicher Kunst und als Forschungsreisender in den Orient. Doch wer war Prinz Johann Georg von Sachsen? Von den Zeitgenossen wird seine Persönlichkeit sehr ambi valent beschrieben. Wie auf Fotos zu sehen ist, besaß Johann Georg eine große, imposante Statur mit straffer soldatischer Haltung. Er scheint kein einfacher Mensch gewesen zu sein. Geprägt von einer tiefen Religiosität, muss er auf seine Mitmenschen streng, kalt und unnah bar gewirkt haben, wohl auch ein wenig aus der Welt gefallen. Luise von Österreich-Toskana, die skandalum witterte Ehefrau des letzten sächsischen Königs und Bruder Prinz Johann Georgs, Friedrich August III., schrieb in ihren Memoiren über ihn: »Prinz Johann Georg, meines Gemahls Bruder, liest von früh bis abends, und seine Lektüre besteht fast ausschließlich aus Lebensgeschichten der Päpste. Er fragt stets, ob man das Leben dieses oder jenes Papstes kennt, und ist erstaunt und enttäuscht, wenn jemand über dieses Thema nicht orientiert ist und kein Interesse zeigt. […] Johann Georg ist, wie es sich für einen Päpstestudientreibenden gehört, tief religiös und von einer hohen Meinung seines Wertes erfüllt. Trotzdem er auf mich egois tisch und unsympathisch wirkt, scheint es mir mit ihm leichter auszukommen zu sein als Einführung linke Seite: Schloss Weesenstein, Öl auf Leinwand, um 1870 Prinz Johann Georg von Sachsen, Fotografie, um 1900
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