Katalog

Einführung 13 mit Mathilde [Schwester Prinz Johann Georgs].« Ganz ähnlich beschreibt ihn sein Großneffe Prinz Dedo von Sachsen: »Onkel Hans, wie wir ihn nannten, war ein sehr großer Mann mit einer lauten, rauen Stimme, den wir als Kinder im Gegensatz zu seiner lieben Frau, Tante Gietta [Maria Immaculata von Bourbon-Sizilien] genannt, ausge­ sprochen unsympathisch fanden. Er wechselte nie ein freundliches Wort mit uns Kindern und brachte uns nie Geschenke mit. Beim Begrüßen schüttelte er uns nur so heftig Hand und schnarrte Tach! (wahrscheinlich meinte er guten Tag), dass wir dachten, sie würde uns ausgerissen.« Doch es gibt auch andere Stimmen, wie die von Karl Woermann. Der einstige Leiter der Sächsischen Gemälde­ galerie schrieb in seinen Lebenserinnerungen: »Seine einzig­ artige, gerade und offenherzige Persönlichkeit aber tat das ihre dazu, daß unsereins sich bei ihm zu Hause fühlte.« Auch sein langjähriger Freund, der Theologieprofessor Joseph Sauer, beschreibt den Prinzen in seinem Nachruf als gutmütigen Menschen. »Klar und scharf steht das Charak­ terbild vor den Augen eines jeden, der ihn näher kennen­ lernte, einfach und ehrlich, ohne problematische Unsicher­ heit, aber auch ohne die geringste Neigung zur Schaustel­ lung, gekennzeichnet durch eine peinliche Reinheit der Denkweise und Lebenshaltung und ein eisernes Pflichtge­ fühl, das sich auf alle Verhältnisse in der Öffentlichkeit wie im privaten Leben erstreckte.« Aber Sauer bemerkte ebenso: »Den praktischen Verhältnissen des Lebens stand er mit viel­ fachen Hemmungen gegenüber, die er mit einer gelegentlich verkannten Straffheit zu über­ winden versuchte.« Die Publikation nähert sich der Person Prinz Johann Georgs von verschiedenen Seiten und widmet sich einzelnen Facetten seines Lebens. Am Anfang steht ein Blick auf seine Biografie und sein familiäres Umfeld. Prinz Johann Georg lebte in bewegten Zeiten: Geboren kurz vor der Gründung des Deutschen Kaiserreiches, erlebte er auch dessen Untergang im Ersten Weltkrieg und das Ende der sächsischen Monarchie; als Privatmann beobachtete er unbe­ teiligt die Weimarer Republik und die Machtergreifung Adolf Hitlers. Das zweite Kapitel widmet sich Prinz Johann Georg als Besitzer von Schloss Weesen­ stein. Im Gegensatz zu seinen Vorfahren wie König Anton und König Johann scheint er keine besondere Beziehung zu dem außergewöhnlichen Ensemble imMüglitztal entwickelt zu haben. Und doch hinterließ er seine Spuren. Der Prinz verkaufte es im Jahr 1917 an den wohlhabenden Industriellen Emil Alwin Bauer, der wiederum kaum etwas in das Bauwerk investierte. Der Verkauf, ein eher unschönes Ereignis in der Schlossgeschichte, war wohl dennoch ein Glücksumstand, denn er bewahrte Weesenstein vor dem ungewissen Schick­ sal eines Königsschlosses nach dem Ende der Monarchie. linke Seite: Prinz Johann Georg von Sachsen, Fotografie, um 1930 Kronprinzessin Luise von Sachsen, Fotografie, um 1900

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