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· 53 · ablauf der überwachten Luise und ihrer Begleiter. Wenn sie sich einmal nicht in ihren Hotelzimmern aufhielten, betrat der Krimi­ nalkommissar die Räume und durchsuchte sie. Auch Briefe wurden von ihm gelesen. War Leopold schuld an Luises Flucht? Seit Kindertagen verband Luise mit ihrem Lieblingsbruder eine große Vertrautheit. Er war aus dem Haus Habsburg-Toskana aus­ gebrochen und hatte sich den bürgerlichen Namen Leopold Wölfling zugelegt. Ihr Vater Ferdinand IV. von Toskana schrieb am 11. Februar 1903 an Professor Auguste Forel, Luises Schweizer Psychiater: »Ich glaube, es ist meine Pflicht Sie darauf aufmerksam zu machen, dass der Einfluss ihres Bruders Leopold Wölfling fatal für sie ist, weil er es ist, der sie mit Leichtigkeit zur Flucht vor dem väterlichen Einfluss direkt in die Bezie­ hung mit Giron getrieben hat. Es ist meine tiefe Überzeugung, dass dies alles ohne Leopold niemals so gekommen wäre.« 2 Wahrscheinlich waren die Gespräche Luises mit ihrem Bruder der endgültige Auslöser für die Flucht, aber keinesfalls die Ursache. Die falsche Fährte Zunächst legten die Geschwister über Giron eine falsche Fährte. Freifrau von Fritsch sollte Luise in Brüssel abholen, die aber nicht dort war, doch das wusste ja noch niemand vom sächsischen Hof. Man muss sich einmal in die Situation, in der sich Friedrich August befand, hineinversetzen. Er hatte keine Kenntnis, wo sich seine Frau – die Mutter seiner fünf Kin­ der – aufhielt. Das jüngste Kind war gerade einmal ein Jahr und das älteste knapp zehn Jahre alt und Luise war erneut schwanger. Er hatte nur durch ein Telegramm 3 seines Schwiegervaters an seinen Vater vom 12. De­ zember 1902 erfahren, dass sich Luise mit ihrem Bruder von Salzburg aus mit unbe­ kanntem Ziel auf den Weg gemacht hatte. Oben links: Erzherzog Ferdinand IV. von Toscana, der Vater Luises und Leopolds, Postkarte, um 1900. Oben rechts: Luise von Toscana, Postkarte, um 1902. Unten: Luise verließ ihren Ehemann und ihre fünf Kinder, Postkarte, 1904.

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