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· 54 · Friedrich Augusts Hoffnung auf die Rückkehr Luises Friedrich August war verzweifelt, hatte Angst um sie. Ihr hätte auch etwas zugesto­ ßen sein können. Und, wenn sie ihn und die Kinder für immer verlassen hatte, stand ihm die äußerst schwierige Aufgabe bevor: Wie sag ich’s meinen Kindern? Warum ist die Mutter fortgegangen und hat uns verlas­ sen? Darauf hätte er gewiss keine Antwort gehabt. Er liebte Luise aus ganzem Herzen und war zu diesem Zeitpunkt noch sehr hoffnungsvoll, doch er konnte nichts, aber auch gar nichts an dieser Situation verste­ hen. Er hoffte, er könne nicht nur ihr Ehe­ mann, sondern auch ihr bester Freund sein. Auch wenn er sie erst einmal in eine Ner­ venklinik bringen müsse, wünschte sich Friedrich August inständig Luises Rückkehr und einen Neubeginn. Doch dafür war es lei­ der zu spät. Er glaubte am 14. Dezember, Luise sei in Brüssel. Zwei Tage nach ihrer Flucht aus Salzburg schüttete Friedrich August in ei­ nem sehr liebevollen und emotionalen Brief seiner Schwiegermutter Alicia sein Herz aus: »Liebe Mama! Das waren die zwei schlimmsten Tage meines Lebens. Mein ganzes Innere hat einen Stoß erlitten wie noch niemals. Selig bin ich, daß ich jetzt wenigstens weiß, wo Luise ist. Und da sie darum gebeten hat, daß Frau von Fritsch zu ihr kommen möchte, so habe ich auch die Garantie, daß sie dort bleibt. Frau von Fritsch reist morgen Abend hin und wird sie in ein paar Tagen hierher zurückbringen, so Gott will. Ich bin noch ganz geknigt. Ich habe ihr noch mehr wie mir selber vertrauet und hänge an ihr trotz allem, was passiert ist, mit jeder Faser meines Herzens. Sie ist leichtsinnig, sie ist unklug, sie nimmt es mit der Wahrheit nicht immer genau aber sie ist nicht schlecht von Natur. Ich muß sie jetzt ganz anders behandeln, denn mein Ver­ trauen zu ihr ist auf Jahre hinaus zerstört. Wenn sie jetzt zurück kommt, muß sie mir eine vollständige, rückhaltlose Beichte ab­ legen über alles und jedes, mag es auch noch so schlimm sein. Denn schlimmer, als das was ich von Frau von Fritsch weiß kann es nicht sein. Dann verzeihe ich ihr. Denn die Liebe ist größer in mir. Ich sehe für die nächsten Jahre meine schönste Aufgabe darin mein Weibchen wieder an meiner Hand aufzurichten und es zu erreichen, daß sie in mir nicht blos ihren Lebensgefährten und den Vater ihrer Kinder, sondern auch ihren besten Freund erkennt, vor dem sie kein Geheimniß hat. Wenn das der Erfolg Links: Luises Mutter Alicia, Friedrich August und Luise, Foto von Otto Mayer, o. J. Unten: Friedrich August, Postkarte, 1904. Seite 55: Sachsens Königshaus Wettin, um 1910.

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