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· 55 · dieser entsetzlichen Geschichte ist so kann ich dem lieben Gott endlich nur danken. Bitte erflehe mir von unserem allgütigen Gott die Gnade dazu. Hoffentlich schadet ihr die Sache körperlich nicht. Denn das wäre doch furchtbar traurig. Zunächst wird sich nun manches aendern ich werde den Maaz als Beichtvater für sie beseitigen. Er ist für eine so schwierig zu behandelnde Seele wie die von Luise nicht der geeignete Mann. Ich denke mir den Pfarrer von Leipzig als ihren geeigneten Seelenführer. Dann wird sie in eine Nervenheilanstalt gebracht werden müssen. Ich denke mir das so daß sie hier bleibt, bis ich wieder ganz reisefähig bin. Dann will ich sie selber hinbringen und ein­ richten und sie dann einige Monate dortlas­ sen. Zu Ostern will ich dann mit der ganzen Familie wenn es möglich ist hinfahren und dann gleich nach Wachwitz ziehen. Dann wird mir 1902 so unendlich schwergeprüften Manne endlich wieder das volle Glück leuch­ ten. Doch ich sehe ich bin wieder egoistisch. Ich habe es ja noch mit keiner Stelle er­ wähnt, wie unendlich schwer Dein armes Mutterherz jetzt gelitten haben muß. Und zwar hast Du ein doppeltes Weh gehabt. Auch der arme Papa wird namenlos gelitten haben. Mit inniger Liebe umarme ich dich als Dein gehorsamer Sohn Friedrich Au­ gust.« 4 Sein Brief zeigt deutlich, wie sehr er Luise trotz ihrer Affäre liebte. Er hatte nicht bemerkt, dass es bei seiner Frau nicht (mehr?) so war. Sie schätzte und achtete ihn zwar ihr ganzes Leben lang, aber ihre Liebe war verflogen. Zwei unterschiedliche Charaktere Der Kronprinz war seinem bigotten Vater sehr verpflichtet, gehorsam und treu erge­ ben. Dabei war ihm nicht aufgefallen, wie unwohl sich seine Frau am sächsischen Hof gefühlt hat. Ständig wurde sie von ihrem Schwiegervater gegängelt und kritisiert. Friedrich Augusts Bruder Johann Georg schrieb an seine Frau Isabella am 8. Sep­ tember 1902 über König Georg: »Papa sprach sehr offen über Luise, die er aber oft zu streng beurteilt. Er behauptet, die Män­ nis hätten sich erst durch seinen Sturz wie­ der ganz gefunden. Vor der Fritsch hätte sie Angst.« 5 Luise nannte ihren Ehegatten »Männi«, mit »Männis« sind die Eheleute gemeint. Reisefähig war Friedrich August nicht, denn nachdem er am 22. November »im Abtenauer Revier des Großherzogs von Toscana zwei Gemsböcke geschossen hatte, stürzte der Kronprinz durch Ausgleiten auf einer Almwiese und zog sich einen Unter­ schenkelbruch am linken Fuß zu. Der Kron­ prinz wurde von 8 Männern auf der Trag­ bahre zu der großherzoglichen Jagdhütte nach Unterwand getragen.« 6 Luise holte ihn zwei Tage später vom Bahnhof in Dresden ab. Sie begleitete ihn auch zum Röntgen in das Garnisonlazarett der Dresdner Albert­ stadt, aber der Bruch war zum Glück un­ kompliziert. 7 Luise und Friedrich August hatten übri­ gens im Sommer 1902 vor, auf den Albrechts­ berg zu ziehen, woraus aber nichts gewor­ den war. 8 Der Kronprinz war eher der Jagd und dem Militär zugetan, er war ständig unter­ wegs und ging seinen Neigungen nach, für Musisches interessierte er sich nicht wirk­ lich. Luise hatte eine sehr künstlerische

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