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61 wie ein Luftschutzbunker, solange Frau und Mann noch in scheinbaren Win-win-Spielchen munter die Klingen kreuzen. Wehe aber, wenn das »Zusammenspiel« kippt. Spätestens, wenn einer der beiden bemerkt, dass er den entstandenen Rollenritualen unentrinnbar ausgesetzt ist, sinkt dessen Zufriedenheitsindex erheblich und die bis dahin verdrängten, dem Partner zuge- schriebenen Anteile treten im eigenen Selbst wieder zutage. Oder die bisher stillschweigende Vereinbarung ist dem gegenwärtigen Übergang zu einem rundum metrosexuellen und emanzi- patorischen Selbstverständnis einfach nicht mehr gewachsen. Auch dann lautet die Devise: »Adieu, geliebter Waffenstillstand«. Für diese ausbrechenden Unruhen und Kampfhandlungen müssen angesichts der zusammenbrechenden einstigen kontrafaktischen Stabilität andere Geschütze aufgefahren werde als jene, die seit Kindheitstagen Treffsicherheit und Durch- schlagskraft versprachen. Im Idealfall gelingt es beiden, den nun aufbrechenden Konflikt im Zusammenhang mit jenen beziehungsstiftenden Bedürftigkeiten im einstigen Honeymoon zu betrachten, aber auch das geschieht wiederum bedauerlicherweise eher selten. Ewige Waffenruhe im Sofakrieg schafft Frieden für immer? Ich behaupte nein, weil ein Zuviel an Frieden zwischen Mann und Frau einfach nicht gut gehen kann, denn Frauen suchen nun mal auf Dauer keinen Prinzen, der für sie Drachen tötet, sondern einen, der sie auch dann erträgt, wenn sie zum Drachen werden. Und Männer wollen sich auch dann noch geliebt fühlen, wenn sie zuweilen vom Tiger zum Bettvorleger mutieren. Mann und Frau müssen einfach immer mal wieder ihre Verschiedenheit gegeneinander verteidigen. Das Waffenarsenal dafür ist schier unerschöpflich und will zumindest zeitweise Gebrauch finden. Auch der auf Kriegsfuß mit Konflikten Stehende und das Trügerische an satten Perspektiven nicht Wahrhabenwollende aktiviert früher oder später die spontane Selbstzündung am Sprengstoffgürtel des Partners oder der Partnerin. Unschuld ist also keine Option. Fazit: Ehelicher Pazifismus ist und bleibt ein Hirngespinst, denn verwohnte Liebe kann zwar zuweilen behaglich anmuten, aber eine Ehe als emotionaler Dauerparkschein wäre doch wirklich stinklangweilig – oder?

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