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75 Die Amazonen gelten als der personifizierte Schrecken auf dem Schlachtfeld. Furchtlos bieten sie den größten griechischen Heroen die Stirn (Abb. 1), dringen kämpfend bis in das Herz Athens vor und sind trotzdem – oder vielleicht auch gerade deswegen – unglaublich faszinierende und begehrenswerte Frauen. Andererseits sind sie als Gründerinnen von griechischen Städten und Heiligtümern bekannt und zieren sogar die Rückseiten römischer Münzen (Abb. 2). Hier die gefürchtete Kriegerin, die Tochter des Kriegsgottes Ares, 1 dort die verehrte Gründerheroin – kaum ein anderer Sagenstoff skizziert einen derart ambivalenten Wesenszug seiner Protago- nistInnen und ist zudem in der bildlichen und schriftlichen Tradition so variantenreich überliefert. 2 Moderne Konstruktion antiker Wirklichkeit Die beeindruckende Präsenz der Amazonen in Kunst und Kultur führt gerade auch in der jünge- ren Forschung immer wieder zu demVersuch, aus diesem Mythos heraus antike Wirklichkeit zu (re-)konstruieren. So schließt eine Studie zu den eisenzeitlichen Grabfunden zwischen Pontus und Karpatenbecken mit der Bemerkung, dass ein im Forschungsgebiet archäologisch nach- weisbares, aus antiker griechischer Perspektive fremdes Frauenbild eine starke Faszination ausgeübt habe, »die den Amazonenmythos schuf«. 3 Gemäß einer weiteren These sei beispiels- | 1 | Herakles im Kampf gegen die Amazonen. Attisch schwarz figurige Hydria um 510/500 v. Chr., München, Staatliche Antikensammlungen
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