Katalog

104 B öhmes Konte x t Gelehrten Hans von Gersdorff (1630–1692) und der Sammlung der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz lassen sich die wissen- schaftlichen Entwicklungen des 17. Jahrhunderts ex- emplarisch ablesen. In der Dresdner Kunstkammer waren mit der Planetenuhr von Eberhard Baldewein, 8 einem arabischen Himmelsglobus vom Ende des 13. Jahrhunderts 9 und einem Erdglobus von Johannes Prätorius 10 bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts eine Reihe von kostbaren Instrumenten vorhanden. Sie bezeugen, dass astronomisches Wis- sen als eine Herrschertugend verstanden wurde. Die Versuche der Zeitgenossen, die Bedeutung der neuen wissenschaftlichen Entdeckungen zu ver- stehen, führten zuweilen zu kreativen neuen Objek- ten, die auf originelle Weise Astronomie, Kunst und Religion miteinander verbanden. Im Stadtmuseum Bautzen befindet sich ein rätselhafter runder Turm, auf einem quadratischen Sockel ruhend und von einer Krone abgeschlossen (Abb. 3). 11 Die Bema- lung des Turmes besteht aus goldenen Ranken auf dunklem Grund, die ein querliegendes Oval um- schließen. Das Oval umfängt den gesamten Zylinder, und an der Stelle, an der sich die beiden Enden des Ovals berühren, führt eine Tür in das Innere des Turmes. Auf dem breiten Rand des Ovals sind stili- sierte Sterne zu sehen. Zwölf schwarze Dreiecke, die Finsternis darstellen, und dreizehn goldene Drei- ecke, die Licht darstellen, greifen von oben und von unten ineinander. Auf jedem zweiten Dreieck befin- den sich Planetensymbole: Auf den schwarzen sind dies von links nach rechts Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Merkur und der Mond; auf den goldenen Strahlen wiederholt sich die Reihenfolge. Die Sonne befindet sich im Zentrum. Die zwölf schwarzen und die zwölf goldenen Dreiecke entsprechen den Stun- den des Tages und der Nacht. 12 Bezeichnenderweise aber fehlt die Erde. Das seit Menschengedenken 3 Philosophischer Turm, Deutschland, nach 1682, Holz, marmoriertes Papier, Eisenblech verzinnt und bemalt, Höhe 130 cm, Museum Bautzen, Inv.-Nr. L 57 (Gersdorff-Weichaische Sammlung)

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