Katalog
15 Da s L eb e n d es P hi l o s ophe n Jacob B öhme zentrale Anliegen des Buches »Morgenröte« ist in der Tat der Kampf der entgegengesetzten Kräfte Gut und Böse, Licht und Finsternis, Gott und Teufel, die sowohl in der Natur als auch auf kosmologischer Ebene wirksam sind. Seine Erfahrungen und der ei- gene Kampf mit der städtischen Obrigkeit interpre- tiert Böhme in diesem Sinn, wenn er behauptet, er habe seine göttliche Eingebung wider die dunklen Kräfte, die ihn zum Schweigen bringen wollten, zu verbreiten versucht. Die Stadtobrigkeit geht dennoch nicht hart ge- gen ihn vor. Das Konfiszieren des Buches und die Anordnung, er dürfe nicht mehr schreiben, bleiben die einzigen gegen ihn unternommenen Maßnah- men. Sechs Jahre lang scheint Böhme diesen Anwei- sungen zu folgen. Doch etwa zur Zeit des Ausbruchs des Dreißigjährigen Krieges 1618 beginnt er mit der Abfassung seines zweiten Buches »Beschreibung von den drey Principien Göttliches Wesens«. Böhme sieht den Krieg als weiteres Zeichen einer in der Welt agierenden dunklen Kraft – oder des Teufels – und so ist es plausibel, dass er seine Schreibtätigkeit wie- der aufnimmt, um seine Botschaft in dieser Zeit der Finsternis zu kommunizieren. Es ist jedenfalls offen- sichtlich, dass er ab 1618 außerordentlich bestrebt ist, seine philosophischen Gedanken durch intensives Schreiben zu verbreiten. Zwischen 1618 und seinem Todesjahr 1624 verfasst Böhme insgesamt rund 30 Werke. Dennoch verweist er darauf, dass der Inhalt seiner Philosophie bereits im ersten Buch »Morgen- 3 Titelblatt aus: Gregor Richter, Judicium Gregorii Richteri Gorlicii, Bautzen 1624, Ober lausitzische Bibliothek der Wissenschaften, LV 75. 35,9
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