Katalog

11 In Joachim von Sandrarts Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste von 1675 sind wenige Elfen- beinkünstler ›versammelt‹, und sie nehmen nur einen knapp bemessenen Raum ein. So fehlt etwa Jacob Zeller, doch Sandrart bedachte zum Beispiel Leonhard Kern ( u Kat.-Nr. 6), David Heschler ( u Kat.-Nr. 23) und Melchior Barthel ( u Kat.-Nr. 24, 25) mit kurzen bio­ graphischen Notizen und seiner persönlichen Ehrerbie- tung. 9 Diesen Künstlern ist chronologisch vorangestellt der seit 1625 in Augsburg ansässige Georg Petel, der erste und seine »Zeitgenossen weit überragende Barock- bildhauer Deutschlands«. 10 Sandrart schreibt: »Er machte auch etliche runde Kaendlein, und eines sonderlich mit Bacchanalien, also dem Silenos, denen Faunis und Saty­ ris ausweng gezieret […].« 11 Dieses »sonderlich« Prunk­ gefäß lässt sich nicht mehr zweifelsfrei identifizieren, doch es könnte sich um jenes handeln, das in der Kabi- nettausstellung im Sponsel-Raum des Neuen Grünen Gewölbes im Dresdner Schloss dem zugehörigen Bozzetto aus Wachs wieder ›begegnet‹ ( u Kat.-Nr. 1, 2). 12 Rundansichtige Wachs- bzw. Tonmodelle dürften in der Regel zur Vorbereitung der Arbeiten im kostbaren Elfen- bein hergestellt worden sein. 13 Dies bot sich besonders für Rundreliefs an, aus denen Humpen und Pokale ent- standen und die sich zeichnerisch nur schwer darstellen ließen. Umso eindrucksvoller erscheint daher die für Hans Friedrich Schorer gesicherte Zeichnung ( u Kat.-Nr. 3), die den vom Wein berauschten Silenos zeigt. Man muss darin den Entwurf für eine elfenbeinerne Gefäß- wandung sehen, die der Petel’schen Invention sehr nahe kommt. 14 Denn die lavierte Zeichnung (Abb. 4) stimmt verblüffend genau mit der Hauptansichtsseite eines in Wien (Kunsthistorisches Museum, Kunstkam- mer) befindlichen Elfenbeingefäßes (Abb. 3) sowie eines weiteren in Budapest (Kunstgewerbemuseum) überein. Eine Zuschreibung dieser Reliefs an Georg Petel wurde zurückliegend immer wieder diskutiert, Ferdinand Murmann in Augsburg aber erst jüngst in Betracht ge- zogen. 15 Der ebenfalls in Augsburg tätige Goldschmied Andreas I Wickert hat, und das ist besonders bemer- kenswert, diese beiden Gefäße (in Wien und Budapest) in vergoldetes Silber gefasst. Hinzu kommt eine kleine Gruppe von Elfenbeinhumpen mit Wickert-Fassungen in Abb. 4 Federzeichnung mit trunkenem Silenos (Ausschnitt), Hans Friedrich Schorer, Augsburg, zwischen 1635 und 1640, Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. C 1962-340 ( u Kat.-Nr. 3)

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