Katalog

33 4 Porträt des Gérard van Opstals (1605–1668) Lucas Franchoys (II) d. J. (1616–1681) Paris, kurz vor 1655 Öl auf Leinwand H.: 67 cm; B.: 56,5 cm Versailles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Inv.-Nr. MV 8930 Literatur: New York 1853 , Nr. 191 (als Porträt Pugets von Claude Lefèvre); Ausgabe 1915 von New York 1853 , Nr. B 226 (als Porträt Duquesnoys von Poussin); Gazette des Beaux-arts 1996 , Principales acquisitions des musées en 1995, La chronique des arts supplément de la Gazette des Beaux-Arts , mars 1996/I, S. 11, Nr. 33; Malgouyres 2002 , S. 449 f.; Paris 2002 , Kat.-Nr. 332; Malgouyres 2007 , S. 50 f. mit Abb. 9 und Anm. 22; Malgouyres 2010 , S. 142, 144 (erwähnt unter Kat.-Nr. 100); Lens 2013 , Kat.-Nr. 156. Das Gemälde hat eine wechselvolle Geschichte. Es be- fand sich lange Zeit in der Sammlung von General d’Espi- nay und gelangte im 19. Jahrhundert nach New York in die Sammlung von Thomas Jefferson Bryan, der es 1867 der dortigen Historical Society schenkte. Am 12. Januar 1995 wurde das Kunstwerk bei Sotheby’s in New York (Lot. 25) versteigert und für die Sammlungen von Schloss Versailles erworben. Auf dem Gemälde ist der vielseitig begabte Bildhauer und Elfenbeinkünstler Gérard van Opstal dargestellt. Er wurde in Brüssel geboren und lernte bei Joannes (Han) van Mildert in Antwerpen. 1642 ging van Opstal nach Paris – vermutlich auf Bitte Kardinal Richelieus, der seit 1639 versuchte, neue Künstler aus Flandern und Italien in die französische Hauptstadt zu berufen. Van Opstal wurde Gründungsmitglied der Königlichen Akademie für Malerei und Bildhauerei (Académie royale de peinture et de sculpture), machte eine beachtliche Karriere als Bildhauer und arbeitete an königlichen Bauprojekten mit. Allerdings stach er durch sein Können als Elfenbein- schnitzer unter seinen Zeitgenossen und Künstlerkolle- gen besonders hervor. Gern verließ van Opstal in seinen Elfenbeinwerken das religiöse Sujet, um sich profanen Darstellungen, Bacchanalien, Kentauren, Satyrn und Kin- derspielen zu widmen. Der auf dem Gemälde Porträtierte gibt seine Identität durch das Kunstwerk preis, welches er präsentiert. Es ist jene Elfenbeinarbeit, die am 4. August 1668 (nach dem Tod van Opstals) im Bestandsinventar der Werkstatt des Künstlers erfasst und am 12. Februar 1690 (nach dem Tod von Charles Le Brun) von René Antoine Houasse in den königlichen Sammlungen inventarisiert wurde als »Une morceau d’yvoire représentant des Satires qui por- tent un Silène […]« (zitiert nach: Malgouyres 2007, S. 48). Die Beschreibung trifft auf die Humpenwandung mit dem Triumph des Silenos zu, die sich im Louvre be- findet (Kat.-Nr. 5). Im Porträt ist das Kunstwerk ohne Zweifel in seiner Entstehungsphase dargestellt, weil Fassung, Henkel und Deckel noch fehlen. Sowohl der Maler als auch dessen Modell scheinen es sehr zu schät- zen: Van Opstal muss es bewusst aus der Vielzahl seiner Werke ausgewählt haben. Er präsentiert es mit sicht­ barem Stolz und blickt gedankenversunken in die Ferne, ohne den Betrachter vereinnahmen zu wollen. Die Ge- sichtszüge van Opstals entsprechen jenen eines reiferen Mannes um die 50. Was den Schöpfer des Bildes betrifft, ist man sich be- züglich der verschiedenen Mitglieder der Franchoys-Dynastie nicht wirklich einig. In diesem Fall geht es um Lucas Franchoys d. Ä. und dessen Sohn Lucas d. J. Da das Gemälde sehr wahrscheinlich in Anwesenheit des Porträtierten in Paris angefertigt wurde, ist es wohl eher dem jungen Franchoys zuzuschreiben. Dieser fand nach der Ausbildung bei seinem Vater und bei Peter Paul Rubens in Antwerpen nur schwer Arbeit in Flandern und ging nach Frankreich. Erst 1655 kehrte er nach Mechelen zurück. Béatrice Sarrazin/Versailles

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