Katalog

36 5 Humpen mit Triumph des Silenos Gérard van Opstal (1605–1668) Paris, kurz vor 1655 Fassung, Henkel und Deckel: Paris, um 1840 Elfenbein, vergoldete Bronze H.: 34,7 cm; B.: 24,6 cm Paris, Musée du Louvre, TH 153 Literatur: Scherer 1903 , S. 38; Malgouyres 2002 , S. 449; Paris 2002, Kat.-Nr. 332; Malgouyres 2005 , Kat.-Nr. 33; Malgouyres 2007 , S. 48–50 mit Abb. 6, 7; Malgouyres 2010 , Kat.-Nr. 100 (mit weiterführender Literatur); vgl. auch zur Ikonographie: Hamburg/ Dresden 2013 , Kat.-Nr. 46–56; Kappel 2017 , Kat.-Nr. I.24. Silenos , der dickleibige, von Alter und Trunkenheit ge- zeichnete Mann, trägt einen aus Trauben und Weinlaub gewundenen Haarkranz. Er sitzt auf den Schultern eines Satyrs und wird von einem alten Mann gestützt, um nicht herabzufallen. Zwei Bacchantinnen , eine Satyrin und zwei Putten bilden zu fünft das bacchantische Gefolge des Gottes auf der gegenüberliegenden Seite der Gefäß- wandung. Anders als bei den Reliefdarstellungen von Georg Petel, in denen das zügellose Treiben des Silenos moralisierend interpretiert wird (Kat.-Nr. 2), verzichtete van Opstal auf eine Bewertung dieser Art. Die zylinderförmige Gefäßwandung, allerdings noch ohne Fassung, ist erstmals auf dem Porträt des Bildhau- ers von Lucas Franchoys d. J. dargestellt (Kat.-Nr. 4). Sie befand sich in der Werkstatt des Künstlers nach dessen Tod und wurde von Pierre-Simon Jaillot am 4. August 1668 in einem Inventar der erhaltenen Elfenbeinarbei- ten van Opstals erfasst. Der Triumph des Silenos zählte zu jenen Werken, die für die königliche Sammlung 1669 erworben und 1690 inventarisiert wurden. 1792 wurde das Stück im Zuge der Beschlagnahmen während der Revolution ein weiteres Mal beschrieben. Danach nahm der Triumph des Silenos des van Opstal einen schicksal- haften Weg, den Philippe Malgouyres (2007/2010) sehr genau nachgezeichnet hat. Das Elfenbeinwerk wurde 1797 veräußert und gehörte Jahre später zur Sammlung von Graf James-Alexandre de Pourtalès-Gorgier (1776– 1855). Es kam zehn Jahre nach dem Tod des Sammlers, aber bereits um 1840 durch Henkel, Deckel und einer Fassung aus vergoldeter Bronze ergänzt, im März 1865 in Paris als Werk von François Duquesnoy zur Verstei­ gerung, wurde von Adolphe Thiers erworben und ge- langte schließlich aus dessen Erbe 1881 zum Louvre. Der imposante Humpen wurde durch Charles Blanc (1884) zaghaft van Opstal zugeschrieben, aber ganz offenbar war ihm das Porträt des Künstlers (siehe Kat.-Nr. 4) nicht bekannt, das sich zu dieser Zeit in New York befand. Van Opstal schuf mit dem Triumph des Silenos eine el- fenbeinerne Gefäßskulptur von höchster künstlerischer Qualität und blieb auch in diesem Werk durch die schwung- voll bewegte Malerei des Peter Paul Rubens beeinflusst und inspiriert. Viele der kleinplastischen Arbeiten van Opstals sind in der Ideenfindung auch durch Inventio- nen von Charles Le Brun und vom Stil des Jacques Sar- razin, mit dem er in Paris zusammengearbeitet hat, deutlich geprägt. Zu den größten Bewunderern der Kunst des van Opstal gehörte Ludwig XIV. (reg. 1643– 1715), König von Frankreich. Philippe Malgouyres/Paris · Jutta Kappel/Dresden

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