Katalog
45 10 Kunstkammerregal Georg Hinz (1630/31–1688) Hamburg 1666 signiert und datiert: Georg Hainz Altona fecit. Ao 1666 Öl auf Leinwand H.: 114,5 cm; B.: 93,3 cm Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr. HK-435 Literatur: Rasmussen 1977 , Kat.-Nr. 113, 114; Hamburg 1996 , S. 52 (Katalogteil); Heinrich 1996 ; Hein 1996; Schneede/Sitt 2007 , S. 190–192. Joachim von Sandrart beschrieb Georg Hinz in seiner 1675 erschienenen Teutschen Academie als einen Künst- ler, der »auch in stilligenden Sachen gut« ist und »in Hamburg jetziger Zeit sein Lob in voller Blüte« steht (zitiert nach: Heinrich 1996, S. 10). Kostbarkeiten ganz unterschiedlicher Materialität prä- sentiert der Maler Georg Hinz in dem hier gezeigten Kunstkammerregal. Diese Bezeichnung trifft zu für die insgesamt vier verschiedenen Schrankbilder , die Hinz um 1665 gemalt hat. Diese ›leben‹ von augentäuschenden Perspektiven und Detailreichtum. Sie schaffen nahezu intime Kontakte zum Betrachter, da die dargestellten Gegenstände in bildfüllender Dichte beinah ›griffbereit‹ präsentiert werden. Die Fülle an exotica und Schatz- kunstwerken, die auf dem Bild vereint sind, lässt den Schluss zu, dass Hinz Zugang zur Kunstkammer der Her- zöge von Holstein-Gottorf im nahen Schleswig hatte, zu der ebenfalls im Jahr 1666 die erste, von Adam Olearius verfasste Ausgabe eines Führers erschien. Hinz nimmt die dort formulierten Gedanken des Gelehrten zum ›Wettstreit‹ zwischen Natur und Kunst in seiner Bildkom- position ganz unmittelbar auf. Doch Hinz lässt die arti- ficialia über den Zauber der naturalia triumphieren. Der aus Elfenbein geschnittene Totenschädel in der rechten Bildmitte mahnt an die Vergänglichkeit irdischen Reich- tums. Im linken unteren Fach steht eine Edelsteinschale auf einer Spanschachtel mit zerschnittenen Siegelbän- dern. Das hervorlugende grüne Band verheißt Hoffnung. Opulent und zugleich fragil wirkt, mittig platziert, im unteren Regalfach eine prachtvolle Schmuckkassette, die durch ein passgenau gefertigtes Etui in geöffnetem Zustand geschützt wird (siehe Kat.-Nr. 13). Im darüber- liegenden Fach – von einem Anhängestück mit dem Bildnis König Christians IV. Dänemark (reg. 1588–1648) flankiert – steht der sogenannte Løvenørn-Pokal von Joachim Henne, der in den Königlichen Sammlungen Schloss Rosenborg in Kopenhagen zu bewundern ist. Namensgebend für den Pokal war die dänische Familie Løvenørn als dessen einstige Besitzer. Es liegt nahe, dass Hinz den Pokal von Henne tatsächlich in Händen gehalten und damit ein unmittelbar in Hamburg voll endetes Elfenbeinwerk malerisch dokumentiert hat, das er im Zentrum seines Bildes platzierte. Elfenbeinkünst- ler und Maler waren beide im Datierungsjahr des Gemäl- des 1666 in Hamburg tätig. Jutta Kappel/Dresden · Sandra Pisot/Hamburg
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