Katalog
69 24 | 25 Venus mit Amor und Cleopatra mit Schlange Melchior Barthel (1625–1672) Venedig 1654/55–1659 Elfenbein, Sockel: Holz H.: 20,2 cm (Venus); H.: 19,8 cm (Cleopatra) Grünes Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Inv.-Nr. II 3 (Venus) und Inv.-Nr. II 424 (Cleopatra) Literatur: Passavant 2001 , S. 319 ff., 430–435; Kappel/Weinhold 2007 , S. 144 f.; Schmidt 2012 , S. 144; Florenz 2013 , Kat.-Nr. 68, 69; Kappel 2017 , Kat.-Nr. I.25, I.26 (mit weiterführender Literatur). Die Göttin der Liebe und Schönheit hält in ihrer Rechten den heute nicht mehr komplett erhaltenen Bogen des Amor -Knaben, der auf seinem leeren Köcher kniet (Kat.-Nr. 24). Die Szene illustriert mit feinem Humor, dass der Sohn der Venus und des feurigen Kriegsgottes Mars als geschickter Liebesbote sein Werk vorerst getan hat. Der Köcher ist leer, die Pfeile sind verschossen. Im Unter- schied zur amüsant inszenierten Venus-Amor -Gruppe führt die andere Statuette einen todbringenden Akt vor Augen, denn Cleopatra, die als Letzte der Ptolemäer dynastie den Thron Ägyptens bestieg (reg. 51–30 v.Chr.), führt die Schlange zum tödlichen Biss an die Brust (Kat.-Nr. 25). Ihr Antlitz ist kaum von Schmerz gezeich- net, da das Sterben einer Königin in Schönheit darge- stellt ist. Tobias Beutel d. Ä. (um 1627–1690) notierte im Zu- und Abgangsverzeichnis der Dresdner Kunstkammer für den 24. November 1659: »Zwey Helfenbeinern Bilder […] Cleopatra und Veneris, durch H. Klengel eingegeben, sind in Italia von einem Dresdner, nahmens Melchior Bartheln, so sich daselbst niedergelassen, verfertiget, und durch H. Klengel mitgebracht und Sr. Chfl. Dchl. unterthänigst praesentiret worden.« Beide Elfenbein- statuetten stammen, gesichert durch den zitierten Ein- trag, von dem in Dresden geborenen Bildhauer und Elfen beinkünstler Melchior Barthel. Sie entstanden in den frühen Jahren seiner bis 1670 währenden veneziani- schen Schaffenszeit. »H. Klengel« [= Herr Klengel], gemeint ist Wolf Caspar von Klengel, Oberlandbaumeister und Inspektor der Dresdner Kunstkammer, hatte die Kunstwerke aus Italien mitgebracht und Johann Georg II. von Sachsen (reg. 1656–1680) übergeben, für den er als Kunstagent zahlreiche Reisen quer durch Europa un- ternahm. Klengel und Barthel haben einander gekannt, und der Oberlandbaumeister dürfte die Elfenbeinstatu- etten Cleopatra und Veneris direkt bei dem Künstler in Venedig erworben haben. Bevor Barthel nach Rom und von dort 1653 weiter nach Venedig reiste, hat er etwa zwischen 1647 und 1649 in Ulm gemeinsam mit dem Bildhauer Christoph Abraham Walther bei »dem Welt=berühmten« David Heschler (Zitat: Curiosa Saxonica, 1. Heft, Dezember 1748, S. 361) Ausbildungsjahre verbracht (Kat.-Nr. 23). Dort müssen die beiden sächsischen Künstler ihr Rüstzeug als Elfen- beinkünstler erworben haben (Kat.-Nr. 26). Berühmt- heit erlangte Barthel unter seinem italienischen Namen Meldriò Bertelli. Nach Dresden heimgekehrt ist er, 1670 seiner durch Klengel beförderten Berufung zum Hofbild- hauer folgend, als ein ›sächsischer Venezianer‹. Anders als Christoph Abraham Walther, sein Freund aus Jugend- tagen, der schon 1664 über Regensburg nach Dresden zurückgekommen war, hatte Barthel seine künstlerische Heimat in Venedig gefunden. Jutta Kappel/Dresden
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