Katalog

135 Das 1956 vom schwedischen Produzenten L. M. Erics- son auf den Markt gebrachte Ericofon stellte eine weit­ reichende Neuerung im Telefonbereich vor und bestach durch seine ergonomische und moderne Gestaltung. Von technischer Seite her basierte die Idee auf früheren Erfindungen. Das Telefon, welches Wählscheibe, Sprech- muschel und Hörer in einem einzigen Gegenstand ver­ einte, hatte einen Vorläufer im amerikanischen »Candle- stick«-Telefon. Dieser auch in Europa, vor allem in England beliebte Apparat besaß in seinen späten Ausformungen eine Wählscheibe am Fuß und die Sprechmuschel am oberen Stabende, an dem seitlich der Hörer in eine Gabel gehängt werden konnte. Der direkte Vorgänger sollte je- doch von der Firma Siemens & Halske kommen. Die Ber- liner Firma hatte durch ihr konzentriertes Forschungs- und Entwicklungslabor einen technologischen Vorsprung im Telefonsektor erreicht, wie etwa 1913 durch einen Num- mernschalter, der die Wählscheibe verbesserte. Somit war die Voraussetzung gegeben, Hörer, Sprechmuschel und Wählkomponente in einem Gehäuse zusammenzu- fassen. 1929 gelang es Siemens & Halske, ein Kompakt- modell vorzustellen, bei welchem der Hörer im Gehäuse integriert war. Das Telefon aus schwarzem Bakelit und der kontrastierenden weißen Wählscheibe trug offiziell die Bezeichnung »Modell 29«. Die Spitznamen »Hockender Hund« oder »Schinkenknochen« benannte treffend seine Form: Es war ein aufrecht auf einem Fuß stehender Hörer mit seitlich angebrachter Wählscheibe. Bei Abheben des Telefons fiel im Boden der Kontaktknopf heraus, wodurch das Freizeichen ausgelöst wurde. 1930 ließ Siemens & Halske den Apparat, bei dem jetzt sogar die Wählscheibe auf der Standfläche zu finden war, zum Patent anmelden (Brunnström 2006, S. 222). Jedoch gelangte das Telefon nie in die Serienproduktion. Dieses Konzept nahm die schwedische Firma Ericsson ein paar Jahre später wieder auf. Hugo Blomberg, Inge- nieur der Entwicklungsabteilung, befasste sich seit 1939 mit einem Konkurrenzprodukt und förderte die Gestal- tungsideen von Ralph Lysell. Der Designer, der seit Som- mer 1939 in der Firma angestellt war, entwarf bis 1941 die ersten Knetgummi- und Holzmodelle. Doch die weitere Produktion ließ auf sich warten. Erst 1949 wurde die Wei- terentwicklung, diesmal unter Gösta Thomas, dem Leiter der apparattechnischen Gruppe bei Ericsson, wieder auf- genommen und Lysell in den Entwurfsvorgang weiter einbezogen. Technik und Design wurden maßgeblich verfeinert und ergonomischer gestaltet. 1950 waren die ersten Prototypen fertig und sechs Jahre später kamen die Modelle des »Ericofon DBJ 500« auf den Markt. Im Volksmund wurde das Telefon wegen seines Aussehens bald als »Kobra« tituliert. Das Ericofon wurde in vielen Far- ben hergestellt, allein für den amerikanischen Markt in 18 verschiedenen Tönen. Das Design war so kompakt, dass kein Platz für das Läutwerk vorhanden war, ähnlich wie bei seinem deutschen Vorgänger von Siemens. Sein Läut- werk war in einem separaten Blechkasten untergebracht. Daher wurde die »Kobra« oft als Zweitapparat verwendet, wenn man nicht eine extra Klingel kaufte. Im Boden des Telefons befand sich die Wählscheibe mit einem großen Metallknopf in der Mitte, der den Kontakt zur Amtsleitung freigab, sobald man das Telefon anhob. 1982 stellte Ericsson die jahrzehntelange erfolgreiche Produktion des »Ericofon DBJ 500« schließlich ein. Zum 100. Firmenjubiläum 1976 brachte Ericsson einen Nach- folger heraus, das »Ericofon DBJ 700«, entworfen von Carl-Arne Breger, das jedoch nicht an den Erfolg der »Kobra« anknüpfen konnte.   ST Literatur Lasse Brunnström, Telefonen, en designhistoria, Atlantis/ Stockholm 2006. | Barbara Mundt, Produkt-Design 1900–1990. Eine Auswahl, Berlin 1991, Kat.-Nr. 66.

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