Katalog
56 stützung zu verteilen«, konnte jedoch nicht durchgesetzt werden, weil »Mittel des Ver schönerungsfonds stiftungsgemäß nicht zu Unterstützungszwecken ohne Erwerbung von Kunstwerken Verwendung finden könnten«. 18 Man musste also den Kompromiss suchen: Der Erwerb teurer Einzelwerke verbot sich durch den Unterstützungsanspruch, der zwingende Erwerb schloss wiederum die Unterstützung bedürftiger Künstler mit spröderen Werken aus. In der Praxis wurden teure Werke für mögliche Ankäufe zwar ausgewählt und dies den Künstlern angekündigt, jedoch verbunden mit teils erheblichen Preisabschlägen. Kam es zu keiner Einigung oder sah man wegen mangelhafter künstlerischer Qualität von einemAnkauf ab, wurden Unterstützungsgesuche an den Sächsischen Künstlerhilfsbund weitergereicht. Diese 1917 gegründete, spendenfinanzierte Einrichtung half in begrün deten Fällen mit Zahlungen oder geringfügigen Darlehen. 19 Andererseits hatte die Stadt 1925 zwei Gemälde von dem Akademieprofessor Otto Hettner für das Stadtmuseum angekauft. 20 Für selbstbewusste und von der besonderen Qualität ihrer Werke überzeugte Künstler wie Kretzschmar oder Wilhelm Rudolph erschien dies insgesamt als unzumut bare Situation, gegen die sie sich im eigenen Interesse zur Wehr setzen mussten. Für die Vorbereitung der »Internationalen Kunstausstellung Dresden 1926« wurden die beiden Maler gemeinsammit Conrad Felixmüller und Eugen Hoffmann als Vertreter der freien Künstler in den Ausstellungsausschuss berufen. 21 Trotz des Erfolges der Schau blieb der dauerhafte materielle Erfolg für die teilnehmenden Dresdner Künstler aus. Bald danach wurden sie wieder zu Unterstützungsempfängern. Kretzschmar und andere, die in der Dresdner Abteilung der Internationalen Kunstausstellung vertreten waren, schlossen sich daher zu einer lockeren Gruppe zusammen, die im September 1927 in der Galerie Neue Kunst Fides gemeinsam ausstellte. Der Zusammenschluss war laut Fritz Löffler auch als Protest gegen die Wiedereinführung der seit 1895 ausgesetzten Akademie-Ausstellungen zu verstehen. 22 Diese kam nun als zusätzliche Angebots konkurrenz auf den jährlichen Kalender der Ankaufskommission, obwohl diese schon zuvor Angebote privater Galerien wie der Fides kaum noch berücksichtigen konnte. 23 In diesem Protestzusammenhang sind auch 1926 entstandene Werke Kretzschmars wie die Tuschezeichnung Die Kunstausstellung und das Gemälde Im Kunstverein (Abb. S. 163) zu verstehen, in denen er mit subtiler Ironie die verstaubte Atmosphäre in den heiligen Hallen der Dresdner Kunst aufs Korn nahm. 24 Dass Kretzschmar bei aller Ernsthaftig keit und Leidenschaft seines Aufbegehrens nicht zur Verbitterung neigte, zeigte ein drastisches Bild mit dem Titel Man gebe ihm die Verdummungsspritze . Dort stellte er sich selbst dar, wie er von den Repräsentanten des Dresdner Kunstbetriebes, Ministerialräte, Museumsdirektoren und Akademieprofessoren, ein gigantisches Klistier verabreicht bekommt. Leider ist das Werk nicht einmal mehr als Abbildung erhalten. 25 Im Nachgang dieser und der folgenden Ausstellungen nahm Bernhard Kretzschmar die Auswahl und den Verhandlungsansatz des Ankaufsgremiums nicht hin, sondern ent fachte eine Diskussion über die Frage nach der Berechtigung seiner Preisforderungen für zum Ankauf ausgewählte Werke. Erneut ging es darum, ob der soziale Aspekt bei öffentlichen Ankäufen vorrangig sein sollte oder stattdessen die Förderung besonderer Qualität, deren Preis nicht zur Diskussion stehen dürfe. 26
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