Katalog
194 »Diese Ausstellung ist wie ein Schiff. In ihren Segeln weht ein guter Wind. Die geplante Übersicht ›200 Jahre Dresdner Kunst‹, die eine Dresdner ›Documenta‹ geworden wäre, ist mit dieser Ausstellung nicht ersetzt, aber sie soll ja auch in keiner Weise Ersatz sein. Die Retrospektive ist im übrigen auch nicht an das Stadtjubiläum gebunden, im Gegenteil, sie wird, wenn sie Wirklichkeit geworden ist, aus Dresden einen neuen Mittelpunkt machen, den festliche Wochen umge- ben.« 166 Eine Ausstellung mit diesem Titel wird es erst zwanzig Jahre später geben. Vom 17. November bis 31. Dezember zeigt die Deutsche Akademie der Künste die »Jahresausstellung 1956«. Auch sie bezieht wieder westdeutsche Künstler ein. Kretzschmar ist mit den Gemälden Negerfreund Tomi , 1953 und Kauschaer Straße mit Hilde , 1953 ver- treten. 167 1957 Vom 5. bis 26. Mai in Karlsruhe und vom 20. Juni bis 21. Juli in Berlin findet die gesamtdeutsche Ausstellung von »Graphik und Kleinplastik« statt. Kretzschmar zeigt die Sepiazeich nungen Arrivierte Gänse und Kinder karneval . 168 Vom 29. Juni bis 4. August beteiligt er sich neben Rudolf Bergander, Fritz Dähn, Waldemar Grzimek, Wilhelm Lachnit, Arno Mohr, Otto Niemeyer-Holstein und Gottfried Richter an der »Gastausstellung« der Deutschen Akademie der Künste. Kretzschmar zeigt 16 Gemälde aus den Jahren 1924 bis 1957 sowie 7 Radierungen. 169 In einer Rezension in der Zeitschrift Bildende Kunst, die im September erscheint, ist zu lesen: »Zweifellos zählt Bernhard Kretzsch mar zu den Malern, die in ihrer Eigen- willigkeit, aber auch in ihrer Substanz zu den Spitzenkräften in unserer Republik gehören. Es ist daher in mehr als einem Punkte zu bedauern, daß er auf dieser Ausstellung nicht so vertre- ten ist, wie es seiner Bedeutung als Maler entspricht. Statt eines bruch- stückhaften Rückblickes auf seine über dreißig Jahre umfassende Ent- wicklung zu geben, hätte er sich auf die entscheidenden Jahre seiner künstlerischen Entfaltung beschrän- ken und gerade hier die stärksten Arbeiten zur potentiellen Interpreta tion heranziehen sollen. Das suggesti- ve Selbstbildnis mit seiner psychologi- schen Ausdeutung und die von einem bestrickenden Reiz erfüllten Ausblicke auf die galizische Landschaft geben jedoch bereits etwas von der souve ränen Meisterschaft einer im künstle- rischen Spätwerk nur selten anzu treffenden Gestaltungsfähigkeit zu erkennen. Wie groß seine Qualitäten als Landschaftsmaler sind, enthüllt aber auch seine Darstellung der Brühlschen Terrasse in Dresden. Wie hier die Fläche gegliedert und die Farbakzente gesetzt worden sind, unaufdringlich mit dem Spezifischen der Atmosphäre die Stimmung erfas- send und das Bestimmende des Motivs herausarbeitend, so daß jedes Detail als eine Notwendigkeit für die Geschlossenheit des Bildorganismus erscheint, das verrät uns viel von dem Stilgefühl dieses Künstlers.« 170 Auf diese Ausstellung nimmt Kretzschmar in einem Brief vom 3. Juli an den Maler Max Lingner Bezug: »Die Ausstellung in der Academie ist ›vereist‹, weil die Veranstalter keine Ahnung haben, wie man Interesse erweckt und eben nur sich genug mit dem Titel Academie sind. [...] Warum lässt man dort nicht die Künstler reden?, die doch mehr wissen und mehr Mut haben, auch etwas dane- ben zu schlagen mit Zielbewusstheit. Alles in allem ist Berlin sehr Provinz dank der Hierarchien überall.« 171 Die Akademie der Künste erwirbt das Gemälde Die Brühlsche Terrasse . 172 166 750 Jahre Dresden. Kunstausstellung Dresdner und Stuttgarter Künstler im Albertinum. Ausst.-Katalog Dres- den 1956, Kat. unpag.; siehe auch: Hoffmann, Dieter: Guter Wind in den Segeln der Kunst. Eine Dresdner Kunstausstellung in Albertinum zur 750-Jahr-Feier. In: Die Union, 21. 6. 1956. 167 Wie Anm. 11: AdK-O 140; Jahresaus- stellung 1956. Malerei, Plastik. Deut- sche Akademie der Künste. Ausst.-Katalog Berlin 1956, Kat. Nr. 94 u. 95, Abb. ( Freund Tomi ). 168 Gesamtdeutsche Ausstellung von Graphik und Kleinplastik. Ausst.-Katalog Karlsruhe, Berlin 1957, Kat. Nr. 147 – 148. 169 Gastausstellung Rudolf Bergander, Fritz Dähn, Waldemar Grzimek, Bernhard Kretzschmar, Wilhelm Lachnit, Arno Mohr, Otto Niemeyer-Holstein, Gottfried Richter. Deutsche Akademie der Künste. Ausst.-Katalog Berlin 1957, unpag., 4 Abb. ( Selbstbild nis , 1946, Schlachtfest imWinter , 1926, Dresden, Brühlsche Terrasse , 1951, Susanna am Klavier , 1929). 170 Jähner, Horst: Realismus ist Ausein andersetzung mit der Zeit. Zur ersten Gastausstellung der Akademie der Künste. In: Bildende Kunst, 1957, H. 9, S. 581 – 586, hier S. 585, Abb. ( Brühlsche Terrasse ). 171 Wie Anm. 11: Max-Lingner-Archiv 102, Bl. 1: Brief vom 3. 7. 1957. 172 Wie Anm. 11: AdK-O 147, Bl. 95 – 96: Brief vom 12. 7. 1957, Bl. 97: Brief vom 15. 7. 1957.
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