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71 HANNELORE KÖNIG Karl Wilhelm Ochs und der Wiederaufbau der Technischen Hochschule Dresden Es gibt nur wenige Bereiche des Lebens, die die Situation einer Gesellschaft so deutlich veranschaulichen, wie ihre Bautätigkeit. Im Besonderen gilt dies für Bauaufgaben, die über- wiegend vom Allgemeinwesen als Bauherr getragen werden. Hochschulbauten begleiten zudem zeitnah gesellschaftliche Entwicklungen, da wirtschaftliche und politische Verände- rungen unmittelbar Forschung und Bildung als Voraussetzung des Erfolges benötigen. Der verlorene Krieg, die massiven baulichen Zerstörungen und die Teilung Deutsch- lands in zwei verschiedene Gesellschaftssysteme erforderten in beiden Teilen des Landes einen Neubeginn in allen Bereichen der Gesellschaft. Auch an der Technischen Hochschule Dresden wurde ein Neuanfang nötig. Bei den Dresdner Luftangriffen am 13./14. Februar 1945 waren das Hauptgebäude an der Südseite des Bismarckplatzes (heute Friedrich-List- Platz) und das Pädagogische Institut am Weberplatz vollständig zerstört, die Lehrgebäude im Kerngebiet Südvorstadt schwer beschädigt worden. Lediglich 15 Prozent ihrer ursprüng- lichen Gebäudefläche waren der Hochschule erhalten geblieben. Unmittelbar nach Kriegsende begannen die Aufräumarbeiten – auch unter wesentlicher Beteiligung der Professoren. So leitete Heinrich Rettig, Professor für Werklehre, Gebäu- delehre und Hochbauentwerfen, die bereits im Juni 1945 gegründete Baukommission. Mit einem »Mindestnotprogramm« konnten bis zum April 1948 die wichtigsten Lehrgebäude vollständig oder teilweise wiederhergestellt werden. Da die Gebäude am Hauptbahnhof nicht in den Wiederaufbau einbezogen wurden, sondern die TH nun in der Südvorstadt konzentriert werden sollte, baute man zur Verbesserung der Raumsituation rings um das Kerngebiet auf enttrümmertem Gelände einige Massivbaracken. Ihnen folgten bald große Gruppen von Montagebaracken namens »Reselith«, die ursprünglich für das Militär in Dresden entwickelt worden. Sie waren die Perfektion einer industriellen Bauweise mit vor- gefertigten Montageteilen auf einem konsequent durchgehaltenen Raster von 1,25 m. Es war eine Zeit des begeisterten, wenn auch schwierigen Neuanfangs bei Studierenden und Professoren. Die Voraussetzung für den Ausbau der Hochschule für 12000 Studenten wurde mit einer Generalplanung von den Professoren Karl WilhelmOchs, Walter Henn und Heinrich Rettig im Jahr 1950 geschaffen. Als Vorlage für den 1. Fünfjahrplan der DDR kon- zipierte Henn (in Vertretung des gerade erst berufenen Lehrstuhlinhabers für Städtebau Gebäude der Bauingenieur­ abteilung der TH Dresden Ochs-Fassung des Observatoriumsturms, um 1950

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