Katalog
11 SUSANN BUTTOLO / ALF FURKERT Der Künstlerarchitekt Karl Wilhelm Ochs Das Entdecken des bisher weniger bekannten Lebenswerks von Karl Wilhelm Ochs (1896– 1988) führt durch drei Epochen deutscher, von politischen und gesellschaftlichen System- wechseln gezeichneter Geschichte, in denen er als Baumeister und Hochschullehrer das Architekturgeschehen nachhaltig mitgestaltete. So vielgestaltig seine Bauten und nicht realisierten Projekte über die vielen Jahrzehnte seines Schaffens sind, so fremd war ihm jedwede modische Oberflächlichkeit. Auch neue Maßstäbe zu setzen war nicht sein Anspruch. Zeitgenossen waren gelegentlich sehr viel eloquenter und provokanter. Die im Nachlass erhaltenen Manuskripte seiner Vorträge und Vorlesungen belegen seine architek- tonische Grundhaltung, die von einer stetigen Auseinandersetzung mit seiner Zeit ausging und auf Schlichtheit, Werkgerechtigkeit und Landschaftsgebundenheit gerichtet war. So fand er im Bauen einen eigenen Weg zwischen Tradition und Moderne und vermittelte diesen als Architekturlehrer, wobei er seine Kompetenz nicht aus dem eigenen Werk, son- dern aus einem moralisch gestützten Nachdenken über das Bauen herleitete. Herkunft und Ausbildung Karl Wilhelm Ochs stammte aus bürgerlichen Verhältnissen. Von seinem Elternhaus und seiner Kinder- und Jugendzeit ist jedoch nur wenig bekannt: Der Vater Richard Ochs (1860– 1921) war Kaufmann, die Mutter Kathinka Christina (1863–1933), geb. Schlenker, Malerin. 1886 heirateten die Eltern in München und wohnten anschließend in Frankfurt am Main. Dort wurde Karl Wilhelm am 29. Februar 1896 als drittes Kind geboren. Zummusisch-künst- lerischen geprägten Familienmilieu trug auch der Onkel väterlicherseits bei; Siegfried Ochs (1858–1929) war Komponist, Dirigent und Chorleiter. 1882 gründete er den renommierten Philharmonischen Chor Berlin. In welchen Kreisen sich die Familie in Frankfurt bewegte, ist nicht direkt überliefert. Ein imNachlass befindlicher Briefwechsel mit dem Philosophen, evangelischen Theologen und Musiker Albert Schweitzer (1875–1965) belegt aber ein aus- geprägt intellektuelles wie musikalisches Umfeld. Nicht zuletzt war die Familie durch die Abstammung des Vaters auch Teil eines großen jüdischen Netzwerkes in Frankfurt, aus dem Karl Wilhelm Ochs als junger Architekt Aufträge erhielt. Die Familie selbst war evan- gelisch-lutherischer Konfession. Freihandskizze, 1968
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