Katalog
43 Interview mit Daniel Buren Dorothea von Hantelmann | Sie kommen von der Tradi- tion der Malerei und haben Anfang der 1960er Jahre, in Anlehnung an Roland Barthes und in Ablehnung der ex pressiven, subjektorientierten Malerei der École de Paris, eine »Malerei am Nullpunkt« entwickelt. Zu einem ge wissen Zeitpunkt wurde Ihnen klar, dass eine gegebene Situation, ein Kontext, solch einen Einfluss auf die Be deutung eines Werkes hat, dass es Ihnen unmöglich wurde, das zu ignorieren und weiterzuarbeiten wie zuvor. Wann war dieser Wendepunkt oder gab es diesenWende punkt? Daniel Buren | Ich glaube, dass das ein ziemlich langer Prozess war. Noch bevor mir das Problem überhaupt bewusst wurde, war ich mit unterschiedlichen Aspekten dieser Frage beschäftigt. Als ich noch sehr jung war, bin ich nach Südfrankreich gereist, um den Einfluss der Landschaft auf die Malerei von Cézanne bis Picasso zu studieren. Ich traf viele Maler, Chagall, Picasso, Masson und viele andere undwar sehr interessiert an ihrer Arbeit. Als ich zurück nach Paris kam, besuchte ich sie in ihren Ateliers, bei ihnen zu Hause und sah in den folgenden Jahren viele Ausstellungen ihrer Bilder. Eigentlich war ich immer enttäuscht von der Art und Weise, wie die Gemälde präsentiert wurden, im Vergleich dazu, wie ich sie im Atelier gesehen hatte. Das machte mich empfind- sam für diesen Unterschied. Es hatte noch keine Konse- quenzen für meine eigene Arbeit, aber ich wollte verste- hen, was da vor sich ging. Zwei Jahre später unternahm ich eine lange Reise nach Mexiko und studierte dort die Malerei der Muralisten. Und auf eine Art bin ich innerhalb von zwei Jahren von der westlichen Kunsttradition von
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1