Katalog
45 Paris zu der anti-westlichen Tradition der Muralisten übergegangen. Das war ein zweiter, anderer Moment, in dem ich die Nicht-Transportierbarkeit vonMalerei erfah- ren habe. DvH | In Mexiko trafen Sie auf die muralistische Malerei und damit auf eine Tradition nicht-autonomer, didakti- scher und illustrativer Kunst. DB | Ich war 18 und sehr interessiert an einer Ablehnung der westlichen Kunsttradition. Unmittelbar danach, während der Jahre 1960/61,machte ich meine gewisser- maßen erste öffentliche Auftragsarbeit in St.Croix in der Karibik. Ich fertigte eine Serie sehr großer Gemälde auf Holzpaneelen an, die direkt auf der Wand angebracht wurden und zumTeil von Picasso und Diego Rivera beein- flusst waren. Diese Arbeiten ermöglichten es mir, all das, was ich zu der Zeit liebte, auszudrücken, figurative Tab- leaus, Porträts usw., aber nach einem Jahr und der Fer- tigstellung dieser Arbeiten klärten sie mein Verhältnis zur figurativen Kunst, zu der ich bis dahin so hingezogen war, und machten mir ihre Ausübung unmöglich. Diese Erfahrung war eine Art Katharsis für mich. Es war eine Arbeit in situ , auch wenn ich es damals nicht so genannt hätte. Einige Jahre später war ich wieder dort eingeladen und stellte eine Serie von Arbeiten her. Aber meine Art zu malen hatte sich mittlerweile vollständig verändert. Sie war nun, um 1964/65, nicht mehr figurativ. Ich machte eine Serie von großenMosaiken, für die ich Steine, die ich amStrand gefunden hatte, und kaputte Teller des Hotels, für das diese Arbeiten entstanden, verwendete sowie ein noch größeres Mosaik aus echten Glasfliesen aus Venedig. Ich erinnere mich, dass ich während meines einjährigen Aufenthalts in der Karibik beeindruckt war von den farbigen Wänden in Christiansted und Frede ricksted, den beiden kleinen Städten von St.Croix. Aber es stand außer Frage, ein Gemälde zu machen, das so aussah. Ich wollte nicht, dass die Wand mehr oder weni- ger Teil der Leinwand würde und dass das Ganze am Ende aussieht wie ein Tapiès. Ich wollte die Wand so weit belassen wie nur möglich, aber sie selbst in ein Gemälde zu verwandeln wäre völlig lächerlich gewesen. Und die Wand zu nehmen und sie in einem Museum zu präsen- tieren – so wie es einer westlichen Tradition entsprechen würde –, fand ich schlicht irrelevant. Was ich wollte, war eine Wand zu machen und nicht etwas zu malen, das wie eine Wand war. Aber zu der Zeit wusste ich nicht, wie das zu bewerkstelligen sein könnte. All diese Dinge zusam- men genommen formten mein Bewusstsein für die Bedeutung des Kontexts. Zur gleichen Zeit begann ich, mit dem Streifenprinzip zu arbeiten und war darauf aus, Malerei von allem zu reinigen, das ich damals als entwe- der irrelevant oder überflüssig erachtete. Und diese Geste, die Idee, Malerei auf die gestreifte Leinwand zu reduzieren, verlagerte die Aufmerksamkeit auf die Situ- ation und die Abhängigkeit der Arbeit von ihremKontext. Ich wollte damit experimentieren und sehen, ob die
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