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47 Arbeit in einem anderen Kontext verschwinden oder ob sie weiter existieren würde. DvH | Das bringt mich zu meiner zweiten Frage, die mit Ihrer Kritik an Duchamp zu tun hat. Sie haben einmal gesagt, dass Duchamp die Realität des Alltagsobjekts mit der Realität eines Kunstwerks oder eines Gemäldes verwechselt hat. Könnten Sie dies etwas ausführen?Wie definieren Sie das Verhältnis zwischen der Realität eines Alltagsobjekts und der Realität eines Kunstwerks und was ist die spezifische Realität eines Gemäldes? DB | Meine Kritik an Duchamp richtet sich spezifisch gegen das Readymade , nicht gegen jede Arbeit von Duchamp imAllgemeinen. Auch wenn ich die Idee außer- ordentlich fand, denke ich, dass das Readymade auf einer grundsätzlichen Ebene zwei negative Aspekte hat: Trotz der Rede Duchamps von der Aufgabe ästhetischer Kriterien ist es so, dass, sobald man etwas auswählt, man eine Wahl trifft, selbst wenn dies eine banale Wahl ist, und – wie wir wissen, waren die meisten dieser Ob­ jekte industriell gefertigte Artefakte – diese Wahl impli- ziert eine Akzeptanz der Welt, wie sie ist. Das ist meine Hauptkritik. Es ist die Tatsache, dass Duchamp den Sta- tus quo akzeptierte. Fast 100 Jahre später sind diese Dinge Ikonen des 20. Jahrhunderts, sie stehen für ein modernes Paradigma der Industrialisierung. Und der zweite Punkt, bei dem ich mit Duchamp nicht überein- stimme, ist die Art und Weise, wie er mit der Institution umgeht. Er platzierte das Readymade im Museum, weil es gar keine andere Option gab. Aber dadurch verstärkte er die Macht des Museums zu sagen, dies ist richtig, dies ist nicht richtig, dies wird aufgenommen, dies ist aus­ Photos-souvenirs : Les Deux Plateaux, sculpture permanente in situ , cour d’honneur du Palais-Royal, Paris, 1985–1986. Détail. Fotoerinnerungen: Die Zwei Ebenen, Dauerskulptur in situ , Ehrenhof des Palais Royal, Paris, 1985–1986. Detail.

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