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79 anderen Lagern gab. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich die Wachmannschaften unter Führung der SA und SS hinsichtlich Alter, sozialer und regionaler Herkunft sowie der poli- tischen Prägung zusammensetzten und welchen Wandel sie durchliefen. Insbesondere in den frühen provisorischen Haftstätten wurden politische Gegner aus der näheren Umgebung eingesperrt. Hierbei stellt sich die Frage, inwiefern sich die als »Bewa- cher« eingesetzten und als »Häftlinge« eingesperrten Menschen aus ihren Herkunftsorten kannten und deshalb eine besondere Dynamik im Vergleich zu späteren Konzentrations- lagern entstand. Ein Beispiel findet sich in einer Aussage eines Häftlings in einem Ent­ nazifizierungsverfahren von 1948. Er berichtet, wie er einen Wachmann wiedererkannte und ihn mit den folgendenWorten ansprach: »Nu, Max bist du auch da, in diesemVerein?« 18 Bisher unbekannt ist auch die Dauer des Einsatzes in denWachmannschaften im KZ Sach- senburg. Ob ein ständiger Wechsel innerhalb der Wachmannschaft vollzogen wurde oder eine konstante Gruppe denWachdienst übernahm, wirkte sich vermutlich unmittelbar auf den Lageralltag und auf das Verhältnis zwischen Wachmannschaft und Häftlingen aus. Ebenso wird im vorliegenden Beitrag der weitere Lebensweg der Angehörigen der Wach- mannschaften untersucht. Bildete sich im frühen KZ Sachsenburg bereits die von Orth beschriebene Konzentrationslager-SS heraus, sodass die Kommandanten undWachmän- ner im System der Konzentrationslager verblieben? 19 Damit einhergehend wird analysiert, inwiefern der Dienst in Sachsenburg auf der Ebene unterhalb der Kommandanten eine Karriere ermöglichte. Andrea Riedle folgend wird die Karriere dabei als das Erreichen eines Führergrades definiert. 20 Im vorliegenden Beitrag wird zudem ein Blick auf die straf- rechtliche Verfolgung während des Nationalsozialismus und auf jene nach 1945 geworfen. Kam es zu einer Aufarbeitung, wie etwa in Bezug auf das Konzentrationslager Hohnstein? 21 10 Vorschlagslisten bzgl. der Verleihung von SS-Dienstauszeichnungen (BArch, R 601 2390); Vorschlagslisten SS-Toten­ kopfverbände (BArch, R601, 2386).  11 Ebd., Bl. 3.  12 Sammelermittlungsverfahren gegen Hans Haubold von Einsie- del u.a. (BStU, MfS HA IX/11, RHE West 164/1, Bl. 3).  13 Auswertung des Tagebuchs des Reichsjustizministers Dr. Gürtner. Tötung von Häftlingen im Konzentrationslager Sachsenburg bei Frankenberg in den Jahren 1933 bis 1937 (BArch, Außenstelle Ludwigsburg, B 162/2469); Frühe Konzentrationslager (1933/1934) – Sonderbände Pirna Quednau, Reichenbach, Rosslau, Sachsenburg (BArch, Außenstelle Ludwigsburg, B162/1099); Auskunft der Ludwigsburger Außenstelle des Bundesarchivs über die Bestände zum Ermittlungsverfahren Köln 24 Js 2/66 (Z) im Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland in Duisburg vom 23.2.2015.  14 Mitschnitt des Gespräches zwischen Anna Schüller und Erich Schade am 16.9.2015 (Privatarchiv Anna Schüller).  15 Der Autorin sind lediglich zwei Postkarten von Wachmännern bekannt, die jedoch wenig über den Alltag im Konzentrationslager, sondern mehr über die »Freizeitgestaltung« etwas aussagen. (Privatarchiv Anna Schüller, Privatarchiv Thiemo Kirmse).  16 Siehe hierzu den Beitrag von Anna Schüller über Entste- hung und Entwicklung des KZ Sachsenburg von 1933 bis 1937 in diesem Band.  17 Vgl. Karin Orth, Konzentrations­ lager-SS. Sozialstrukturelle Analysen und biographische Studien, Göttingen 2000, S. 127ff.  18 Kreispolizeiamt Ann- aberg an die Kriminaldienststelle K5 Annaberg vom 8.2.1948 (SächsStA-C, Obj. 14 ZB 54/26/07, Bl. 21).  19 Vgl. Orth, Konzentrationslager-SS, S. 12.  20 Vgl. Andrea Riedle, Die Angehörigen des Kommandanturstabes im KZ Sachsen- hausen. Sozialstruktur, Dienstwege und biografische Studien, Berlin 2011, S. 34.  21 Vgl. Carina Baganz, Vom Wachmann zum Inoffiziellen Mitarbeiter. Täter der frühen sächsischen Konzentrationslager und ihr Wirken für die Staatssicherheit. In: Günther Heydemann/Jan Erik Schulte/Francesca Weil (Hg.), Sachsen und der Nationalsozia- lismus, Göttingen 2014, S. 351–364.

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