Katalog
143 unter der Führung von Erich von Manstein. Dessen LVI. Korps griff zur Unterstützung seiner Geheimen Feldpolizei für das Vorgehen gegen die jüdische Bevölkerung im Raum Rositten auf Simons SS-Leute zurück. Erwachsene männliche Juden wurden von der Geheimen Feldpolizei »präventiv« verhaftet, da angeblich »auch hier mit Sabotageakten zu rechnen war«. 5 Simon profilierte sich von Januar bis Sommer 1942 in den Augen seiner Vorgesetz- ten von Wehrmacht und SS. Die NS-Propaganda machte ihn zu einem Teil des Mythos um den winterlichen Kessel von Demjansk. In der Ukraine führte Simon nach Eickes Tod im März 1943 die Totenkopfdivision und spielte in Mansteins Konzept, die sowjetische Win- teroffensive zum Stehen zu bringen, eine zentrale Rolle. Wegen einer schmerzhaften Gelenkserkrankung, Simon sollte später von einer Verwun- dung sprechen, war er anschließend ein halbes Jahr dienstunfähig. Im Herbst 1943 stell- te er die 16. SS-Panzergrenadierdivision »Reichsführer-SS« auf; dies belegt seine Nähe zu Heinrich Himmler. Mit ihr kämpfte er ab Sommer 1944 in Italien unter hohen Verlusten gegen die Westalliierten. Daneben setzten seine Wehrmachtvorgesetzten, auch Feldmar- schall Albert Kesselring, Simons SS-Männer gegen Partisanen ein. Da diese nicht greifbar waren, wandten die SS-Männer eine aus dem Ostkrieg übernommene »Methode« an. Sie richtete sich gegen die Zivilbevölkerung und sollte den Partisanen alle Grundlagen ent- ziehen. Die Bevölkerung wurde dazu zur Zwangsarbeit verschleppt oder ermordet. Simons SS-Männer töteten etwa 2000 Kinder, Frauen und alte Menschen, die bekanntesten Tat- orte waren Sant’Anna di Stazzema und Marzabotto. 6 ImHerbst 1944 übernahm Simon im Elsass die Führung des aus Einheiten vonWehrmacht, Polizei und Waffen-SS bestehenden XIII. SS-Armeekorps. Im Umgang mit kriegsmüden und erschöpften Soldaten unterschied er sich nicht von Offizieren wie Kesselring, der ihm im März 1945 als Oberbefehlshaber an die Westfront folgte. Simon genoss die Unterstüt- zung zahlreicher Offiziere der Wehrmacht. Er und seine Leute waren im März und April 1945 für zahlreiche Endphaseverbrechen in Franken und Nordschwaben verantwortlich. Am bekanntesten wurden die Geschehnisse von Brettheim in Hohenlohe. Dort entwaffnete ein Landwirt vier der Hitlerjungen, die auf Simons Veranlassung gegen amerikanische Panzer vorgeschickt worden waren. Bürgermeister und Ortsgruppenleiter weigerten sich, ein standgerichtliches Todesurteil gegen den Landwirt zu unterschreiben. Simon ordnete Standgerichte an, forderte Todesurteile, bestätigte diese und befahl die Erhängung aller drei Männer. Den letzten angeblichen Deserteur ließ er am 6. Mai 1945 in Tirol hinrichten, obwohl die Kapitulation der vorgesetzten Heeresgruppe G bereits in Kraft war und ihm deshalb hoheitliche Befugnisse nicht mehr zustanden. Kesselring und Simon wurden 1947 wegen in Italien begangener Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt. Nach der Begnadigung verbüßten sie Freiheitsstrafen – wie Erich von Manstein – im britischen Kriegsverbrechergefängnis Werl. Simon wurde im November 5 Zit. nach Jürgen Förster, Zur Rolle der Wehrmacht im Krieg gegen die Sowjetunion. In: APuZ (1980) 45, S. 3–15, hier S. 11. 6 Vgl. auch Carlo Gentile, Wehrmacht undWaffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943–1945, Paderborn 2012, S. 201–304.
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