Katalog
206 gefangene PROBLEME DER QUANTIFIZIERUNG Ohne die Bemühungen einer bürgerschaftlichen Initiative unter der Leitung des Histo rikers Dr. Hans Brenner zur Schließung einer Lücke im »Historischen Atlas Sachsen« wäre wohl der Forschungsstand zur Häftlingsgesellschaft des KZ Sachsenburg nicht so weit fortgeschritten. 2 Die in der Initiative Mitwirkenden wollten unter anderem in Erfahrung bringen, wer die (politischen) Häftlinge gewesen waren, die die Nationalsozialisten in den frühen Lagern eingepfercht hatten. Bis 2008 waren nur ca. 280 Häftlinge des KZ Sachsenburg namentlich bekannt. Für die beiden größten sächsischen KZ, Sachsenburg und Hohnstein, waren Belegungszahlen von ca. 2000 (Sachsenburg) 3 und ca. 5600 (Hohnstein) überliefert, 4 deren Zuverlässigkeit allerdings zweifelhaft war, hatte doch das KZ Hohnstein wesentlich kürzere Zeit existiert (März 1933– Juli 1934). Für beide Lager waren überdies keine amtlichen Belege vorhan- den, die diese Häftlingszahlen bestätigten. Ähnliche Probleme gab es auch für andere frühe KZ in Sachsen. Ist die von früheren Häftlingen genannte Zahl von 2000 Häftlingen für den Zeitraum von rund vier Jahren des Bestehens des KZ Sachsenburg realistisch? Bauunterlagen im Stadt- archiv Frankenberg zeigen, dass auf Grund der Bettenanzahl eine maximale Belegung von 1 944 Häftlingen möglich war. 5 Diese maximale Belegung wurde jedoch nach den bisher aufgefundenen Stärkemeldungen nie erreicht. Weder für die politischen Gegner noch für die Häftlingsgruppe der »Kriminellen« im KZ Sachsenburg hat es seit Ende des Zweiten Weltkrieges in der SBZ/DDR und bis 2008 eine konsequente Erfassung von Personen mit allen relevanten Daten gegeben. Um Aussagen über die Häftlingsgesellschaft treffen zu können, ist dies jedoch eine notwendige Voraus- setzung. Mit 280 Häftlingsnamen begann 2008 eine Forschungsarbeit, die bis heute bei weitem noch nicht abgeschlossen ist. 6 Die Recherchen blieben nicht auf Kreis-, Stadt-, und Staatsarchive in Sachsen, das Bundesarchiv (Abteilung Berlin), das Thüringische HauptstaatsarchivWeimar, das Archiv des ITS in Bad Arolsen und Unterlagen des Bundes- Dietmar Wendler 1 DIE HÄFTLINGSGESELLSCHAFT DES KZ SACHSENBURG 1933 BIS 1937
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